Intern
Institut für Musikforschung

Teilsammlung Fritz Degel: Europa, Nord Ost

Cimbalom

Das hier dargestellte ungarische cimbalom ist eine Konzertvariante des Hackbretts. Dessen Geschichte habe ich im Kapitel Mitteleuropa an entsprechender Stelle beschrieben.

Im Gegensatz zum zentralen Europa hat sich das Hackbrett in seiner jeweiligen lokalen Variante in der Volksmusik in anderen Regionen des Kontinents, vor allem im Osten, seine bedeutende Rolle erhalten können. In Ungarn wird es in seiner einfachen Form, aber auch in seiner Konzertform als cimbalom bezeichnet. Hier ist es seit Mitte des 16. Jahrh. bekannt und wurde wahrscheinlich von hier aus im 17. Jahrhundert durch wandernde Musikanten verbreitet. Unter ähnlichem Namen und lokal etwas unterschiedlichem Bau findet es sich heute in Rumänien (tsambal), in der Ukraine (cymbaly), in Weßrussland (tsimbali), in der Moldau ( tsimbal ), in Polen ( cymbaly ), in Lettland ( cimbole ) und in Litauen ( cimbolai ).

Das einfache ungarische cimbalom, das teilweise heute noch gespielt wird, war anfänglich recht einfach aufgebaut. Es besaß 20 - 25 Saiten, meist zwei bis fünfchörig mit einem oder zwei Teilungsstegen zur Erweiterung des Tonumfangs. Man legte es auf die Knie oder einen Tisch, manchmal wurde es auch im Stehen mit einem Gurt um den Hals  gespielt. Die Saiten waren oft diatonisch angeordnet. Dieses weit verbreitete Volksinstrument wurde mit zwei ungepolsterten Hämmerchen angeschlagen.

Nach 1870 wandelte der aus Tschechien stammende Josef V. Schunda dieses Basisinstrument in ein  konzerttaugliches um. Er stellte es auf vier Beine, fügte weitere Stege hinzu, erweiterte die Saitenanzahl zu einer vollchromatischen Skala von D bis e´´´. Er veränderte die Lage der Schallöffnungen und stabilisierte das Instrument im Innern durch eine Metallkonstruktion, die die jetzt höhere Zugbelastung durch die Saiten aufnehmen konnte. Eine bedeutende Neuerung war auch die Einführung eines Dämpfungsmechanismus, mit dem man das unerwünschte  Überklingen der Saiten unterbinden konnte. Diese Neuschöpfung wurde rasch in der Praxis angenommen und ist heute in den taraf -Ensembles Rumäniens und den Zigeunerkapellen Ungarns ein unverzichtbarer Bestandteil. Einesteils umspielt das cimbalom die Hauptmelodie (meist der Violine) oder alteniert mit dem Baßgrundschlag. Darüber hinaus sind zahlreiche Kompositionen für das Instrument entstanden, die von hervorragenden Solisten virtuos interpretiert werden. Auch in die Kunstmusik wurde das Instrument übernommen.

Das mit dem einfachen ungarischen Volks-Cimbalom verwandte rumänische tsambal ist überwiegend in den Regionen Oltenien, Muntenien und Moldawien anzutreffen. Es wurde 1546 erstmals erwähnt und hatte normalerweise 20 bis 25, im nebenstehenden Beispiel 22 Saiten, die in diesem Fall zwei bis fünfchörig sind. In städtischen Ensembles verwendet man größere Instrumente mit bis zu 35 Saiten, die teilweise schon einen einfachen Dämpfungsmechanismus haben können oder voll  ausgestattete Konzertinstrumente darstellen.[429,Kap.Rumänien]

Das tsimbali Weißrusslands hat normalerweise 12 - 24 Saiten mit 4 bis 5 Chören, manchmal davon abweichend auch von 2 bis 8. Das Instrument wird in verschiedenen Größen gebaut und hat einen Tonumfang zwischen 1 1/2 und 2 1/2 Oktaven. Die Stimmung kann sehr unterschiedlich sein, es werden diatonische, teilchromatische und Ganztonstimmungen erwähnt. Die Instrumente werden im Sitzen mit ungepolsterten Hämmerchen  auf den Knien des Spielers liegend  angeschlagen oder stehend mit einem Gurt um den Hals. Sie dienen fast ausschließlich dem Spiel im volkstümlichen Ensemble.

[607 Kap.cimbalom, dulcimer, cymbaly][608]

Video taraf-Ensemble [609]
Video Cimbalom Solo [610]
Video Cimbalom mit Orchester [611]
Video Ungar. Zigeuner [612]
Video ukrain Cymbaly [613)
Video Tsambal [613 A]
Video Tsambal mit Orchester[613B]
Video Tsambal mit Orchester [613C]

Citera

Als citera bezeichnet man in Ungarn  Formen der Kastenzither, die sich in der Tiefebene erhalten haben. Die drei hier abgebildeten stammen aus dem Gebiet um den Plattensee.

Das rechte, sehr einfache Instrument könnte man auch als Scheitholt ansehen (siehe Kap. Mitteleuropa); es hat zwei Reihen von Melodiesaiten, die oberste dreichörig, die zweite zweichörig, daneben verlaufen drei Bordunsaiten. Die erste Reihe ist wahrscheinlich diatonisch angeordnet, die zweite enthält die Halbtöne. Die Begleitsaiten werden normalerweise auf den Grundton sowie eine Quarte höher und eine Quinte tiefer eingestimmt.

Die beiden links abgebildeten citeras zeigen Merkmale der in den Alpen früher üblichen Kratz- oder Scherrzither, die ja ebenfalls Weiterentwicklungen des Scheitholts darstellen. Wahrscheinlich haben sie sich aus den Ostalpen nach Ungarn verbreitet und sich hier in kaum veränderter Form erhalten. Auch die Spielweise entspricht ddem alpenländischen Vorbild. Man spielt die Instrumente indem man mit einem Plektrum in der rechten Hand über alle Saiten streicht und mit der linken die Saiten auf die Bünde herabdrückt.

Etymologisch verwandt ist die citera verwandt mit der citra (Litauen, Slowenien), der citara (Lettland) und der tsitera ( auch tsiiturea oder citura) Rumäniens, die heute aber kaum noch Erwähnung finden. [607 Kap. Citera)]

Video Citera solo [681]
Video Citera Gruppe [682]
 

Kobza ukrainisch

Ukrainischen Quellen zufolge soll die kobza bis ins 6. Jh. zurückverfolgt werden können, wo in einer griechischen Chronik im Zusammenhang mit Kriegern aus der heutigen Ukraine erwähnt wird, dass sie Musikinstrumente bei sich trugen, die dem Aussehen nach eine Langhalslaute mit einem fast runden Resonator und einem Griffbrett mit Bünden gewesen sein könnte. Ob es sich dabei um einen Vorläufer der kobza gehandelt hat, die als älteste anerkannte Darstellung des Instruments auf einem Fresco der St. Sofienkathedrale in Kiew abgebildet ist, kann nicht geklärt werden. Die kobza jedenfalls wird von arabischen Reisenden erwähnt, die im 10. und 11. Jahrhundert die Kiewer Rus besuchten. Der Name des Instruments kommt wahrscheinlich aus dem Mittleren Osten (qopuz) und scheint mit der Migration einer großen Gruppe von Einwanderern aus Abchasien in die Gegend von Poltawa zusammenzuhängen. Die Bezeichnung sollte die kobza von den übrigen Saiteninstrumenten abgrenzen, die damals unter dem Namen gusli zusammengefasst wurden.

Traditionell wurde die kobza aus einem Stück Holz herausgearbeitet und bestand aus einem mehr oder weniger runden Schallkörper und einem Hals mit darüber gespannten Saiten, deren Anzahl von 3 bis 8 variieren konnte. Gelegentlich besaß das Instrument auch Bünde aus Darm und einige zusätzliche freie Saiten, die nicht abgegriffen wurden.  Die Saiten wurden mit einem Plektrum angerissen oder mit den Fingern gezupft. Die Kobza war ein beliebtes Musikinstrument der ukrainischen Kosaken die oft mit dem Instument in der Hand abgebildet wurden.Es wurde sowohl bei der ländlichen Bevölkerung als auch an den Höfen der polnischen Könige und der russischen Zaren geschätzt, wo es eine ähnliche Rolle spielte wie die Laute im westlichen Europa. Ab dem 14./15. Jahrhundert entwickelte sie sich durch die Aufgabe der Bünde auf dem Griffbrett und durch die Vermehrung der freien Melodiesaiten (prystrunky) auf einer Seite neben dem Griffbrett mehr und mehr zur klassischen Bandura.

In neuerer Zeit Ende der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurden von dem Kiewer Instrumentenbauer Mykola Prokopenko nach historischem Vorbild 2 Arten von Kobzas mit einem Griffbrett und eingelassenen Metallbünden ohne freie Saiten entwickelt. Die eine Art lehnt sich an die sechs- (bzw 12) -und siebensaitige Gitarre an. Daneben kreierte er eine viersaitige Orchestervariante, die auf dem Bild links  zu sehen ist.Sie hat vier Saiten, die in Quinten wie die Mandoline und die ukrainische Domra gestimmt sind, was den Umstieg auf das neue Instrument sehr erleichtert, ebenso wie die Spielhaltung und die Spielweise mit einem Plektrum. Die Saiten sind wie bei der Gitarre auf einem Querriegel befestigt und verlaufen über ein rundes Schalloch über einen Hals mit Bünden zu einem durchbrochenen Wirbelkasten, der in einer Schnecke endet. Sie ist ein Bestandteil der heutigen ukrainischen Volksmusikorchester und wird in den Größen Prim, Alt, Tenor und Bass gebaut. Man kann das Instrument als eine Form der Rückbesinnung auf die eigene musikalische Identität weg vom russischen Einfluß interpretieren, es könnte leicht die russische domra ersetzen, die noch viel gespielt wird.Bis heute hat es sich aber nicht recht durchsetzen können.[614][618]

Video Kobza [615]
Video Kobza histor.[616]
Video Kobza und Gesang [617]

Bandura

Wie im vorausgehenden Artikel dargestellt, hat sich die klassische bandura aus der kobza durch Vermehrung der prystrunky und die Aufgabe der Bünde auf dem Griffbrett herausgebildet, die logischerweise nicht mehr gebraucht wurden. Sie wurde zum ukrainischen Nationalinstrument, dessen Entwicklung ausschließlich imLand selbst stattfand und auch nur hier gespielt wird. Die erste Erwähnung eines ukrainischen Banduraspielers stammt aus einer polnischen Chronik von 1441.

Diese erste klassische Form hatte 20 - 24 diatonisch gestimmte Metallsaiten. Der Korpus war aus einem Stück Holz herausgearbeitet mit einer Decke aus Fichte oder Tanne, auch die Wirbel waren aus Holz gefertigt. Sie wird im Sitzen gespielt, parallel zum Körper des Spielers oder leicht zur Seite hin geneigt, um eine bessere Sicht auf die Saiten zu haben. Der untere Teil wird dabei auf die Knie gestützt, weil die Instrumente ein beträchtliches Gewicht haben. Die linke Hand umgreift den Hals und zupft die darüber verlaufenden Begleitsaiten, die rechte Hand spielt die Melodiesaiten. Diese Spieltechnik ist weitgehend bis heute erhalten geblieben.

Wie ihr Vorgänger die kobza,die von ihr nach und nach abgelöst wurde, war die bandura ein beliebtes Instrument an den Fürstenhöfen Osteuropas, wo sie hauptsächlich zur Gesangsbegleitung und für die Tanzmusik Verwendung fand. Große Popularität genoss sie wie die kobza auch bei den ukrainischen Kosaken, was durch ikonographische Zeugnisse vielfach belegt ist. Bei ihnen bildete sich ein breites Repertoire von Liedern mit Begleitung von kobza und bandura aus (siehe Videos). Aus ihren Reihen sollen auch die ersten kobzari gekommen sein, professionelle Musiker, die einen eigenen, epischen Stil entwickelten, den man als duma (ukr. = Überlegung, Nachdenken) bezeichnet. Begleitet von der kobza/bandura erzählen die dumy (plur) die heroischen Taten der Kosaken und ihren Kampf um Freiheit und Frieden.

Im Zusammenhang mit dem Entstehen des ukrainischen Nationalismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich auch ein neues Interesse an dem Nationalinstrument. Nachdem es sich über Jahrhunderte kaum verändert hatte, entstand durch die Gründung von Banduraorchestern ein großer Bedarf an neuen Instrumenten. Sie wurden nun teilweise industriell gefertigt, die asymmetrische Form erlaubte ab 1894 eine Vergrößerung der Saitenzahl auf eine vollchromatische Reihe, ebenso wurden teilweise Umstimmvorrichtungen für Halbtöne eingebaut. Die bandura fand Eingang in die Konservatorien, neben den bekannten Volksmelodien entstanden zahlreiche Kompositionen für Solo als auch Orchesterfassungen eigens für dieses Instrument.Die Sowjetmacht setzte 1935 dieser Entwicklung ein jähes Ende. Unter dem Vorwand ihre Lieder und Geschichten zu sammeln und aufzuzeichnen wurden die (meist blinden) kobzari nach Charkow eingeladen, wo sie ermordet wurden, um die Wurzeln der ukrainischen musikalischen Volkskultur zu zerstören und nationales Gedankengut zu unterdrücken.

Es gibt heute drei Arten von banduras, die im Gebrauch sind. Das ist einmal die oben beschriebene klassische Bandura, dann die Kharkiv-Bandura diatonisch mit Umstimmern (levers)oder chromatisch mit 34 bis 65 Saiten und die Kyiv-Bandura mit 55 bis 64 Saiten, die am häufigsten gespielt wird. Orchesterinstrumente werden in verschiedenen Größen hergestellt: prima,alto, bass und kontrabass.Es existieren zahlreiche Orchester, oft wird von den Mitgliedern nicht nur gespielt, sondern auch gesungen. Im Zuge der Unabhängigkeit scheinen diese Ensembles einen großen Zulauf zu haben.[614][618]


Video Koskakenlied [619]
Video Bandura solo [620]
Video Bandura solo modern [621]
Video 2 Bandura [622]
Video Banduraorchester [623]
Video Banduraorchester [624]

Kobza

Die rumänische kobza und die baugleiche ungarische koboz darf nicht mit dem ukrainischen Instrument gleichen Namens verwechselt werden. Es handelt sich dabei um eine gezupfte Kurzhalslaute, die in Rumänienin in den Regionen Muntenien, Siebenbürgen und Bukowina, sowie in Teilen Ungarns und in der Republik Moldawien gespielt wird. Wie oben erwähnt, hat der Name seinen Ursprung in der alttürkischen Bezeichnung kobus oder qopuz für ein Lauteninstrument. Mehrere heute in Zentralasien gespielte Instrumente wie die Maultrommel qopuz, das Streichinsrument kobys und das Zupfinstrument komuz haben den gleichen Wortstamm, ebenso der qanbus des Yemen oder der gambus Indonesiens. Der ud als Kurzhalslaute entwickelte sich im 7./8. Jahrhundert aus dem älteren persischen barbat im arabischen Kulturraum und hat wahrscheinlich seinen Weg über das östliche Mittelmeer nach Osteuropa genommen. Um 800 n.Chr. wird eine als kobuz bezeichnete Laute in einer griechischen Quelle erwähnt, sie soll sieben Bünde und zwischen 3 und 5 Saiten gehabt haben. Auf ungarisch ist der Begriff koboz seit 1237 belegt, man kennt aber nicht das Aussehen des bezeichneten Objekts. Sicher ist, dass sie im 17. Jahrhundert weit verbreitet war.Vorläufer der heutigen kobza sind im 16. Jahrhundert in verschiedenen Kirchen und Klöstern Rumäniens abgebildet, so z.B. im Kloster Voronets 1547 in der Moldau. Hier ist in der Westwand das Jüngste Gericht zu sehen mit König David eine Knickhalslaute zupfend als eine an die rumänische Tradition angepasste Darstellung in der Bibel. Diese Szene ist im 16. und 17. Jahrhundert an mehreren Kirchen in der Walachei und der Moldau zu finden.Auch die Episode vom Verlorenen Sohn, fröhliche Feste feiernd, ist mehrfach zu sehen. Dabei werden Musiker abgebildet, die unter anderem die Knickhalslaute spielen.

Die kobza und ihr ungarisches Pendant koboz besitzen einen relativ tiefen, birnenförmigen Korpus, der aus 5 - 6 Lamellen aus Ahorn oder Nussbaum zusammengesetzt ist. Der kurze relativ breite Hals endet in einem Wirbelkasten, der annähernd rechtwinklig nach hinten abknickt. In die Decke aus Fichtenholz sind symmetrisch angeordnete Muster eingebohrt. Von den seitenständigen Wirbeln aus Hartholz laufen die Saiten über einen Steg zu einem Saitenhalter, der unmittelbar dahinter auf die Decke aufgeklebt ist. Die kobza ist meist mit vier doppelten Saitenpaaren aus Metall bespannt, seltener sind  Dreifachchöre oder Darmbespannung. Bei dem abgebildeten Instrument sind bei den beiden tieferen Saitenpaaren die untere Saite eine Oktave tiefer gestimmt. Die übliche Stimmung lautet d a d g, die kobza wird mit einem Gänsefederkiel angerissen. Ein aufgeleimter dünner Hartholzstreifen verhindert das Zerkratzen der Decke. In Ungarn und Rumänien besitzt das Instrument keine Bünde wohl aber in der moldawischen Variante, wo meistens zwölf metallische Bünde in das Griffbrett eingelassen sind.

Die kobza war bis in unsere Zeit hinein eines der Instrumente der professionellen Volksmusiker, die meist Roma waren und sind und lautari nach dem alten rumänischen Wort für Lauteninstrumente genannt wurden. Im 18. Jahrhundert bestand ein solches Ensemble häufig aus zwei Geigen, kobza und nai (Panflöte). Man begleitete einen Sänger oder spielte zum Tanz auf, umrahmte Feste, Hochzeiten und Beerdigungen. Kobza und nai sind selten geworden, andere Instrumente nehmen ihren Platz ein, die einen größeren Gestaltungsspielraum bieten als die kobza mit ihrem geringen Tonumfang. Dazu zählen hauptsächlich die Gitarre, das Akkordeon und das Tsambal. Professionelle Ensembles sind heute fast sinfonisch besetzt.

[625][626]

Video Koboz solo [627]
Video Kobza solo [628]
Video Kobza mit lautari [629]
Video Kobza moldawisch [630]
Video Lautari große Besetzung [631]

Cimpoi

Sackpfeifen (Dudelsäcke) sind in Europa von Portugal bis zum Ural verbreitet. Auch in fast allen ost- und südosteuropäischen Ländern sind Abarten dieses Instruments mit unterschiedlichen Bezeichnungen vertreten. So heißen sie in Estland torupill, in Karelien pilai, in Lettland, Litauen und Weißrussland duda, in Polen kozol, in der Ukraine kosa, in Tschechien dudy, in der Slowakei gajdy, in Bosnien diple oder diplice, in Ungarn duda, im Banat dvonjci, in Mazedonien und Albanien gajde und in Bulgarien gaida. Die hier abgebildete Sackpfeife hat mir ein rumänischer Freund aus seiner Heimat mitgebracht, wo man es cimpoi nennt, aber auch die Begriffe  cempoi, cimponi, ciumpoi, simponi, chimpoi können dafür verwendet werden. In Teilen Rumäniens, in  Moldawien und dem Banat kann sie auch nach dem Namen der Spielpfeife caraba´genannt werden. Die östlichen Sackpfeifen weisen mit wenigen Ausnahmen, wie z.B. der bulgarischen gaida, als Merkmal Einzelrohrblätter auf, die etwas weicher klingen als ihre westeuropäischen Verwandten mit den oboeähnlichen Doppelrohrblättern.

Archäologischen Quellen zufolge ist die Sackpfeife seit dem 15. Jahrhundert in Rumänien bekannt. Sie besteht aus einem Balg aus Ziegen- (wie nebenstehend) oder Schaffell den man als burduf bezeichnet. Darin sind runde, hölzerne Anschlussstücke befestigt, in die die Spielpfeife, das Mundstück zum Einblasen und die Bordunpfeife einstecken kann. Der Luftsack, der üblicherweise unter dem linken Arm gehalten wird, wird mit Hilfe des Anblasrohrs gefüllt. Die Spielpfeife, durch die die Luft austritt, ist ca 10 cm lang und ist mit einem klarinettenartigen Einzelrohrblatt ausgestattet, das man aus Schilf, Erle oder Weide fertigt. Sie kann zwischen 5 und 8 Grifflöcher haben und weist manchmal am Ende eine Stürze aus Horn auf. Die Bordunpfeife ist ca 30 cm lang und besteht aus mehreren ineinandergesteckten Teilen, die man zum Stimmen benutzen kann. Sie erzeugt einen brummenden Bordunton, der typisch für den Klang des Instruments ist.

Man unterscheidet hauptsächlich nach der Form der Spielpfeife sechs verschiedene Arten von cimpoi. Deren Aussehen kann zylindrisch oder konisch sein, gerade oder gebogen,einzelne oder Doppelpfeifen haben. Bei Doppelpfeifen entfällt manchmal der Bordun, dafür wird ein ähnlicher Effekt mit einem Loch in der zweiten Pfeife erzielt, das man nach Bedarf mit dem kleinen Finger öffnet und verschließt. Die moldawische Form z.B. hat eine Spielpfeife mit 6 Grifflöchern und einem zusätzlichen Daumenloch. Der Durchmesser, die Form (rund oder oval) und die Abstände der Löcher zueinander können unterschiedlich sein. Manchmal korrigiert man die Stimmung durch Zugabe von Bienenwachs.

Früher weit verbreitet findet man die cimpoi heute fast nur noch im nördlichen Oltenien, Teilen der Dobrudscha und Moldawien, im südlichen Transsylvanien und Teilen des Banats.Im ausgehenden 20. Jahrhundert war sie nur noch selten bei Bauern und Schäfern im Gebrauch, hauptsächlich wurde sie bei Hochzeiten gespielt. Wenn keine professionellen lautari zu finden waren, griff man bei der Tanzmusik auf Flöte und cimpoi zurück.

[429 Kap Sackpfeife][607 Kap Cimpoi]

Video Cimpoi solo  [683]
Video Cimpoi Moldawien [684]
Video Cimpoi mit Orchester [685]
Video Cimpoi mit trad. Gruppe [686]

Trembita und Rih(?)

Bei der abgebildeten trembita handelt es sich um eine mit dem Alphorn verwandte, endgeblasene Holztrompete, die überwiegend in den ukrainischen Karpaten vom Volksstamm der Huzulen gespielt wird. Man bezeichnet sie deswegen auch als Karpatentrompete.

Holztrompeten finden sich in etlichen Ländern Europas, neben der Schweiz, Österreich und Deutschland, wo das Alphorn beheimatet ist, sind es vor allem Länder in Skandinavien,dem Baltikum und Osteuropa wo verwandte Langtrompeten aus Holz oder Rinde gespielt werden. In Norwegen heißen sie lur oder neverlur, in Finnland und Weißrussland nennt man sie truba oder auch finnisch tuohitorvi. Im nördlichen Polen findet sich bei den Kaschuben die bazuna, in Masowien in Mittelpolen die ligawka und in den südpolnischen Beskiden spielen ihre Bewohner, die Goralen, die trombita, die von der geographischen Lage, vom Aussehen und vom Wortstamm her mit der Huzulentrompete eng verwandt ist. In der Gegend von Wladimir nördlich von Moskau ist der roshok bekannt, der allerdings gekrümmt ist und Grifflöcher hat. In Rumänien findet sich das bucium und in Ungarn das inzwischen verschwundene fakürt. Woher die Trompeten stammen und wie sie sich verbreitet haben ist weitgehend ungeklärt. C. Sachs vermutet einen Ursprung im Himalaya und eine Verbreitung durch die indogermanische Wanderung oder eine Einführung aus dem Amurgebiet. Einer anderen Theorie zufolge könnten auch römische Legionäre Holztrompeten über Osteuropa bis in die Karpaten gebracht haben.[632]

Die trembita wird in verschiedenen Längen hergestellt, angeblich bis zu 5 m. Sie wird aus dem Stamm einer smereka genannten Fichtenart der Karpaten hergestellt. Man wählt hauptsächlich Stämme aus, die vom Blitz getroffen worden waren. Dem Donnerschlag wird ein magischer Einfluß auf den Ton  des später daraus hergestellten Instruments  zugeschrieben. Wie bei den meisten Holztrompeten üblich wird bei der Herstellung der Stamm der Länge nach durchgeschnitten, ausgehöhlt , wieder zusammengesetzt und oft mit Birkenrinde zum Schutz und zur zusätzlichen Stabilisierung umwickelt. Im Gegensatz zum Alphorn ist der Trichter gerade und mit nur wenig größerem Durchmesser als das übrige Rohr. Das trichterförmige Mundstück ist aus verziertem Hartholz  Die trembita hat keine Grifflöcher, Züge oder Ventile, man spielt nur die Naturtonreihe mit einem Umfang von 2 1/2 Oktaven.
Ursprünglich diente das Instrument den Hirten hauptsächlich als Signalinstrument. Mit seinem Ton wurde z.B. die Herde zusammengetrieben, herannahende Raubtiere abgeschreckt oder vor Gefahren wie dem Ausbruch von Feuer gewarnt sowie Nachrichten über Berg und Tal weitergegeben. Daneben wurden in der Weihnachtszeit die traditionellen Lieder gespielt. Unverzichtbar bis in die heutige Zeit hinein ist der Klang der Trembita in einigen Huzulenregionen bei der Beerdigungszeremonie, die einem exakt festgelegten Ritual mit jeweils drei Trembitabläsern folgt.

Früher wurde die trembita bei den Huzulen kaum in der Unterhaltungsmusik verwendet, dafür eignete sich besser der Dudelsack mit seinen größeren Möglichkeiten. In neuerer Zeit wird die Huzulentrompete als exotische Klangvariante im Ethno - Jazz oder in der U - Musik eingesetzt wie z.B. im ukrainischen Beitrag zum European Song Contest 2004.

Das rechts abgebildete Instrument wurde von seinem Verkäufer aus der Ukraine als rih bezeichnet. In der mir zur Verfügung stehenden Quelle [633] lautet eine andere Bezeichnung dafür rischok. Dabei soll es sich aber um ein gekrümmtes Rinderhorn handeln. Wahrscheinlicher stellt das Bild eine truba dar, die in dem Artikel als ein bis zu 2 m langes, konisches Holzrohr beschrieben wird. Sie wird im Nordwesten der Ukraine ähnlich wie die trembita bei Beerdigungszeremonien eingesetzt. Sie stellt gewissermaßen eine verkleinerte Form der trembita dar.

Video Trembita [634]
Video Trembita Herstellung [635]

Fujara

Die fujara ist ein Flöteninstrument,welches von Hirten im slowakischen Hochgebirge stammt und von ihnen meist auch selbst hergestellt wurde. Hinsichtlich ihrer Größe, der kunsthandwerklichen Verarbeitung und besonderen Toncharakters nimmt sie unter den Volksblasinstrumenten in Europa eine gewisse Sonderstellung ein.

Die Bezeichnung fujara taucht erst im 18. Jahrhundert im  Zusammenhang mit Weihnachts- und Hirtenliedern auf und erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts kann das Instrument in der slowakischen Dichtungeindeutig nachgewiesen werden. Die ältesten erhaltenen Instrumente stammen aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Man nimmt einesteils an, dass die heutige Form mit dem außen angebrachten Luftrohr in Anlehnung an Baßblockflöten mit S- förmigem Anblasrohr entstand. Anderenteils ist sie eine Weiterentwicklung älterer, kleiner, dreilochiger Flöten aus der mittleren Slowakei. Für die Entwicklung der heutigen fujara im 18. Jahrhund ertspricht ihr Repertoire an Hirtenräuberliedern, die der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert entstammen. Auch die aus der Podpolana - Gegend  aus den 1770er Jahren bekannten freirhythmischen, mixolydischen Weisen, die wahrscheinlich schon 2 bis 3 Generationen früher entstanden sind, entsprechen der Spieltechnik der fujara. Von der 2. Hälfte des 19 Jahrhunderts an bis etwa zum 2. Weltkrieg kann man von der Blütezeit der fujara sprechen. Die Instrumente wurden größer gebaut (bis 1,80 m), üppiger verziert und das Sing- und Spielrepertoire erweitert. Mitte des 20 Jahrhunderts ging die Weidewirtschaft zurück und damit auch das Interesse an dem damit verbundenen Volksinstrument. Seither ist sie mehr oder minder
selten geworden, allerdings werden seit Ende des letzten Jahrhunderts Festivals und Wettbewerbe veranstaltet, die die fujara mehr ins Licht der Öffentlichkeit rücken sollen, um sie vor dem Vergessenwerden zu bewahren.

Die heutige fujara ist 165 bis 180 cm lang bei einem Außendurchmesser von 3 - 5 cm und einem Innendurchmesser von 2,5 - 3,5 cm.. Die Innenbohrung ist immer leicht konisch. Im unteren Teil befinden sich drei Grifflöcher, die meist den gleichen Abstand voneinander haben. Angeblasen wird die Flöte durch ein 50 - 70 cm langes Anblasrohr aus Holz, das mit Lederriemen fest mit dem Hauptrohr verbunden ist. Über einen kleinen, hölzernen Anblasnippel wird die Luft in das Anblasrohr geleitet.. In dessen oberem Teil befindet sich zwischen beiden Rohren ein ebenfalls hölzernes, hohles Verbindungsstück, welches die Luft direkt in die Kernspalte leitet. Diese sowie der Aufschnitt mit der Labiumkante befinden sich auf der Grifflochseite des Instruments, dem Spieler abgewendet. Es sprechen nur die Obertöne an. " Die fujara - Melodien sind mixolydisch, und ihr melancholisch-bukolischer, rhapsodischer und pathetischer ..... Charakter ist, wie schon gesagt, den Räuberliedern verwandt, womit sie in den letzten 100 Jahren einen wesentlichen Einfluß auf die slowakische Kunstmusik hatten" [636]

Zum Bau einer fujara benutzt man häufig Holunderholz, aber auch Esche, Ahorn und Weide werden benutzt, also eher halbharte Holzarten. Weil die Wahl der Holzart einen großen Einfluß auf die Klangeigenschaften des daraus gefertigten Instruments hat, werden die Klanghölzer sorgfältig ausgewählt und gelagert. Holunder z.B. ist leicht und weich, wird aber mit der Zeit sehr hart. Um eine gewisse Geschmeidigkeit des Materials zu erhalten, wird das Holz mit Raps- oder Hanföl durchtränkt. Erst nach einer fünf bis sechsjährigen Einspielzeit und mehrfachem Nachrichten im Bereich des Labiums und des Luftkanals erlangen die Instrumente ihren stabilen, ausgereiften Ton.

Ein besonderes Merkmal der fujara ist ihre künstlerisch gestaltete Oberfläche. Die Ornamente, die meist das Instrument in seiner Gänze bedecken, werden üblicherweise durch Säure geätzt, dadurch entsteht eine typisch gelblich - bräunliche Färbung. Manchmal werden die Muster noch zusätzlich mit Farbe unterlegt. Eine andere Art von Verzierung entsteht durch das Einpunzen von Messingdraht oder seltener durch Reliefschnitzerei. " Vor allem bei den geätzten Ornamenten handelt es sich um überlieferte, zum Teil sehr abstrakte Blumenmotive, die jeweils an jedes Instrument mehr oder weniger individuell "komponiert" werden und so auch nicht in anderen Volkskunstformnen vorkommen, das heißt spezifisch für die Fujara sind. Auf der Vorderseite ist die sogenannte Hauptblume wichtig, während Luftrohr, Kopf, Grifflochteil usw. alle ihre spezifischen Motive haben, die - aus Gründen der stilistischen Reinheit- kaum untereinander verwechselt werden dürfen." [636]

Video Fujara [637]
Video Fujara Geschichte [638]
Video Fujara Unesco [639]
Video Fujara Bau [640]

Gadulka

Die gadulka ist ein eine gestrichene Laute aus Bulgarien, sie wird auch als ganilka, kopanka, gjola, tsigulka und kemane, manchmal irreführenderweise auch als gusla bezeichnet. Im Aussehen gleicht sie der türkischen klassic kemenche, der kretischen lira und der dalmatischen lirica mit ihrem oval tropfenförmigen oder birnenförmigen Korpus. Dieser wird aus einem Stück Holz herausgearbeitet, meist vom Maulbeerbaum, der Esche oder dem Ahorn. Der kurze, breite Hals endet in einer runden, dreieckigen oder kleeblattförmigen Wirbelscheibe. Auf den Resonator ist eine Schalldecke aus Tannenholz aufgeklebt in die man  die "Augen" geschnitten hat, zwei D -förmige Schalllöcher. Früher waren die Saiten aus Schaf- oder Katzendarm gedreht, heute benutzt man Metallsaiten.. Sie sind an einem Saitenhalter aus Holz oder Knochen befestigt und verlaufen über einen Steg zu den hölzernen Wirbeln, wo sie direkt aufgewickelt sind. Der dünnwandige Steg steht mit einem Fuß auf der Decke, der zweite wird durch eines der Schalllöcher hindurchgeführt und steht auf dem Boden des Instruments um die Schwingungen der Saiten besser auf den Korpus zu übertragen.

Die gadulka besitzt drei Spielsaiten, seltener vier. Dazu kommen regional verschieden 1 bis 10 dünne, metallene Resonanzsaiten, die durch den Steg durch Bohrungen zur Halterung verlaufen. Von Region zu Region verschieden sind auch die Stimmungen der jeweiligen Instrumente. Die Variante aus Thrakien ist die größte mit dem vollsten Ton und am meisten verwendete; sie besitzt auch den größten Tonumfang, von a bis e2, die Saiten werden auf a1e1a gestimmt. In der Dobrudscha verwendet man eine a1a e1 - Stimmung und im Balkan a1e1d1. Man streicht die Saiten mit einem Bogen aus Kirschen- oder Weidenholz, der mit  Pferdehaar bespannt ist und mit Kolophonium  bestrichen wird. Über die Spielweise gibt es unterschiedliche Quellen. In Wikipedia wird das seitliche Berühren zum Verkürzen der Saiten als alleinige Spielform angeführt. Laut Grove Dictionary wird nur die oberste Saite so gespielt, die beiden restlichen sollen, mit den Fingerkuppen gespielt, auch auf den Hals niedergedrückt werden können. Dabei wird das Instrument in senkrechte Spielhaltung gebracht, entweder im Stehen durch einen Gurt um den Hals oder im Sitzen auf die Knie aufgesetzt.

Die gadulka war früher das bevorzugte Instrument der Volkssänger zur Begleitung von epischen Geschichten und traditionellen Liedern, sie wurde aber auch als Soloinstrument und in kleineren Ensembles wie im trio der Dobrudscha zusammen mit Akkordeon, gaida (Dudelsack) oder kaval (Flöte) verwendet. Darüberhinaus ist sie im großen bulgarischen Volksmusikensemble meist das führende Melodieinstrument zusammen mit der gezupften tamboura, gaida, kaval, und gelegentlich Akkordeon, Klarinette und Kontrabass sowie Rhythmusinstrumenten, hauptsächlich eine große Trommel. Die bulgarische Volksmusik zeichnet sich vor allem durch ihre vertrackten zusammengesetzten Rhythmen aus, die für Außenstehende schwer zu reproduzieren sind

[607, Kap. Gadulka][642]

Video Gadulka solo [643]
Video Gadulka u. Gesang [644]
Video 2 Gadulka mit Orchester [645]
Video Bulg. Chor mit Orch. [646]
Video Orchester rhythm [647]

Balalaika

Die Entstehung von balalaika und domra, der beiden am häufigsten im russischen Volksmusikorchester verwendeten Instrumente, scheint eng miteinander verwoben zu sein. Allerdings finden sich anscheinend
in der Literatur wenig gesicherte Quellen, die die Entwicklung zweifelsfrei belegen könnten. Eine Fülle interessanter Informationen finden sich auf der aufwendig gestalteten Webseite des Slawisten
B.H. Mey, auf die ich mich hauptsächlich in den Ausführungen über diese beiden Instrumente beziehe.

Die balalaika soll letztlich zurück auf den persischen tanbur gehen, der bereits im1. Persischen Großreich (550 - 330 v.Chr.) bekannt war: Über die Handelswege der Waräger und der Kiewer Rus bestand eine Verbindung hauptsächlich über die Flüsse zwischen Ostsee und Schwarzem Meer als auch über das Kaspische Meer zu Persien und anderen Ländern des Nahen Ostens. Es ist anzunehmen, dass der tanbur wohl in seiner kasakischen Form, der dombyra oder dombra seinen Weg von dort nach Russland gefunden hat. Diese frühen Instrumente besaßen Resonatoren aus Kürbis oder Holz, ihre Form konnte rund oder länglich sein, je nach Form des Kürbisses. Aus Holz gebaute Instrumente konnten variablere Formen haben, es gab runde und eiförmige, trogförmige, paddelförmige, schaufelförmige, solche mit eingezogenen Flanken und rechteckige Varianten. Überwiegend besaßen diese Instrumente 2 oder drei Saiten. Man nannte diese Abkömmlinge des tanbur oder der dombra ab dem 13. Jahrhundert zur Zeit der Tatarenherrschaft nach dem tatarischen Wort bala (= Kind) balalaika. Wahrscheinlich unter dem Einfluss der weit verbreiteten Kastenzither gusli, welche auch in Dreiecksform gebaut wurde, näherte sie sich im Laufe der Zeit der heutigen Form an.

Die im 19. Jahrhundert existierenden Formen der Balalaika, bevor sie von Wassilij Andrejew 1883/84 zusammen mit den Instrumentenbauern Iwanow, Passierbski und Nalimow grundlegend verändert wurde, waren etwa 26 cm breit, flacher gebaut, besaßen einen längeren Hals mit lediglich 5 Bünden und einer Wirbelplatte, die wenig breiter war als der Hals. Um Klang und Lautstärke zu optimieren verbreiterte Andrejew den Korpus auf 9 7/8 Werschok (= 43,89 cm), dieses Maß entsprach auch der Mensur des Instruments. Als Form wählte er ein annähernd gleichseitiges Dreieck mit schwach nach außen gebogenen Seiten. Der Korpus war aus einer geraden oder ungeraden Zahl von Spänen mit einem Heckbrett zusammengeleimt. Der Hals wurde verkürzt und in das Griffbrett 16 metallene Bünde ( bei Solisteninstrumenten bis zu 27) eingesetzt. Als Primbalalaika besaß das Instrument drei Saiten mit der Stimmung e1e1a1 . Diese wurden an einem Saitenhalter am Heckbrett befestigt, verliefen dann über einen Holzsteg über die Holzdecke mit einem runden Schallloch zu einer Wirbelplatte mit metallenen Mechaniken zum Stimmen. An dieser Standardbauweise hat sich bis heute kaum etwas verändert. Andrejew ließ die Instrumente in Werkstätten herstellen und unterrichtete in St. Petersburg Soldaten, die nach ihrem Wehrdienst für eine rasche Verbreitung im ganzen Land sorgten. Um das Klangspektrum zu  erweitern, ließ er verschiedene Größen herstellen: Picccolo, Prim, Sekund, Alt, Bass und Kontrabass. Er gründete ein Volksmusikorchester, das auf der Weltausstellung auftrat und Konzertreisen durch Europa und Amerika unternahm. Er führte das Instrument aus seinem volkstümlichen Umfeld heraus und machte es zu einem vollwertigen Bestandteil der Kunstmusik.Damit begründete er den Ruf der Balalaika als russisches Instrument schlechthin.

Die normale balalaika wird ohne Plektrum gespielt, nur bei der sechssaitigen Variante mit ihren drei doppelchörigen Saiten kommt diese Technik vor. Die übliche Spielweise ist die Strichspielart mit dem Zeigefinger über alle Saiten hinweg, Pizzicati werden oft mit dem Daumen abwärts oder mit dem Zeigefinger aufwärts ausgeführt. Schnelle Passagen werden im Wechselschlag zwischen Daumen und Zeigefinger gespielt, die in Form eines leicht geöffneten Rings gehalten werden. Eine Besonderheit beim Greifen mit der linken Hand liegt in der Verwendung des Daumens zur Erleichterung des Akkordspiels, was bei  Mandoline oder Violine undenkbar ist.

Neben ihrer Funktion als Begleitinstrument der russischen Volksmusikorchester, wo die domra führt, ist sie heute auch ein vollwertiges Konzertinstrument (z.B. mit Piano) für virtuoses künstlerisches Solospiel und wird auch zur Begleitung für den Gesang eingesetzt.[648]

Video Balalaika solo [649]
Video Zwei Balalaiken [650]
Video Balalaikaquintett [651]
Video Balal. mit Orch [652]
Video Balalaika u Altdomra [653]

Domra

Die russische domra ist ein den gezupften Lauten zugehöriges Instrument mit einer runden Holzdecke aus Tannen-oder Fichtenholz und einem aus Spänen zusammengesetzten halbkugelförmigen Korpus. Sie besitzt normalerweise drei Saiten und ist in der Primbauweise e1 a1 d1 gestimmt. Die Saiten verlaufen von einem metallischen Saitenhalter am unteren Korpusrand über ein relativ kleines, rundes Schallloch und dem Hals mit Metallbünden zu einem durchbrochenen Wirbelkasten, der oft in einer Schnecke endet, die zum Griffbrett zeigt. Gespielt wird immer mit einem Plektrum, deswegen ist auch eine geschwungene Schlagplatte zum Schutz auf der Decke angebracht.

Die domra ist in Russland ebenso wie die balalaika aus der ursprünglich persischen tanbur - Familie entstanden, wahrscheinlich aus deren kasakischen Abart der dombra oder dombyra. Die Entwiclung beider Tanburderivate in Russland erfolgte weitgehend parallel zueinander, so wurden beide, domra wie balalaika, häufig mit demselben Begriff balalaika bezeichnet. Erst im 19. Jahrhundert erfolgte eine klare Trennung, die runde Form wurde domra genannt und die dreieckige balalaika. Entwicklungsgeschichtlich entstand die domra vermutlich aus Tanburarten, die einen Kürbis als Resonator besaßen, daher soll die runde Form herrühren, die nachher in Holzbauweise fortgeführt wurde. Im Gegensatz dazu scheint die balalaika sich mehr aus trog-, schaufel- oder paddelförmigen hölzernen Formen des Tanbur entwickelt zu haben. Auf Grund der unterschiedlichen Korpusform und Spielweise besitzen sie auch unterschiedliche Klangeigenschaften. Der Klang der domra ähnelt dabei wegen ihres bauchigen, tiefschaligen, halbkugeligen Korpus der Mandoline, die einen ähnlichen Klangkörper aufweist. Bei der balalaika, die flachschaliger und dreieckig geformt ist, bewirkt diese Bauweise eine direktere Ansprache des Resonanzkörpers auf die Saitenschwingung, was dem Ton des Instruments seinen besonderen Charakter verleihen soll und etwas an den Klang der gusli, des russischen Psalteriums, erinnert, welches teilweise auch in Dreiecksform vorkam. In ihrem Klang soll sich die russische Seele am ehesten widerspiegeln. Russischen Quellen war die domra, die  "runde Balalaika"  über Jahrhunderte ein beliebtes Instrument der skomorochi, der fahrenden Sänger und Gaukler.

Wie die balalaika wurde auch die domra Ende des 19. Jahrhunderts durch Wassilij Andrejew aus ihrem Dornröschenschlaf als dörfliches Volksinstrument geweckt und zu dem heute üblichen Instrument gemacht. Er ließ die domra in verschiedenen Größen bauen und setzte sie in seinem Volksmusikorchester als Melodieinstrument ein. Noch heute besteht ein solches Orchester aus in unterschiedlichen Stimmlagen  mehrfach besetzten domras und balalaikas,  mehrere bajane (Knopftastenakkordeone), Konzertgusli und je nach Musikgenre verschiedene Blas- und rhythmische Effektinstrumente.

1905 soll der Moskauer Instrumentenbauer Ljubimow die viersaitige Domra in Mandolinstimmung e a d g gebaut haben, ukrainischen Quellen nach soll das Instrument um 1920 in der Ukraine eingeführt worden sein, wo es heute weit mehr als die dreisaitige, mehr russische Form verbreitet ist.

Die domra spielt in den russischen Volksmusikorchestern heute die gleiche dominierende Rolle wie die Violine in westlichen Sinfonieorchestern. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Kompositionen, die für domra als Konzertinstrument geschrieben wurden. Der herausragende Virtuose auf diesem Instrument ist Alexander Tsigankow, der sich auch als Komponist für Domra und Balalaika - Konzerte einen Namen gemacht hat.[648]

Video Domra solo [654]
Video Domra solo Budaschkin [655]
Video Domra Duett [656]
Video Domra [657]

Gusli

gusli ist eine russische Bezeichnung, die im Mittelalter generell auf Saiteninstrumente angewendet wurde. Im 14. Jahrhundert wurde die Bedeutung des Begriffs eingeengt und bezeichnete nur noch gezupfte Chordophone ohne Griffbrett.
Die helmförmige (shlemovidnye) oder psalterförmige (psalterovidnye) gusli (siehe Video [658]), die ihre Blütezeit im 17./18. Jahrhundert mit den professionellen skomorochi (Wandermusikanten) hatte, stand mehr mit der städtischen Musikkultur in Beziehung. Die zentralen Motive waren Balladen, Heldenlieder und Romanzen, die oft mit der Begleitung der gusli vorgetragen wurden. Sie wurden Stariny (stary russ. = alt) oder später Bylinen genannt und schilderten oft den siegreichen Kampf russischer Heerführer gegen die Tataren. Die flügelförmige gusli dagegen fand mehr Eingang in die dörfliche Volkskultur.

Die krylovidnye gusli (flügelförmige) als zweite Hauptform des Instruments, steht in enger Beziehung zu den finnisch - baltischen Ausprägungen der Kastenzither   wie kantele (Finnland), kannel (Estland), kankles (Litauen) und kokle (Lettland). Ein Fragment einer zweifelsfrei flügelförmigen gusli aus dem 14. Jahrhundert wurde in Nowgorod ausgegraben, ikonographische Quellen aus Kiew datieren aus dem 12. Jahrhundert. Wie die baltischen Verwandten hatte diese gusli einen länglichen, trapezförmigen, asymmetrischen Korpus, der traditionell aus einem Stück Kiefern-, Fichten- oder Erlenholz herausgearbeitet war. Von einem Querriegel aus einem Metallstab, der in seitlich angeordneten Halterungen befestigt war, verliefen die Saiten fächerförmig parallel zu einer aufgeleimten oder genagelten Decke aus Fichte/Tanne zu den im breiteren Teil des Instruments eingelassenen Stimmwirbeln aus Holz. In die Decke eingearbeitet war ein rundes Schallloch oder wie im nebenstehenden Beispiel ein ornamentales Muster aus mehreren Bohrungen und Ausschnitten. Üblich war eine Verlängerung des Korpus über die Wirbelreihe hinaus, welche wohl der Verbesserung der Klangeigenschaften als dünner Flügel dienen sollte, indem die schwingende Fläche vergrößert wurde. Dies ist bei dem Beispiel links zu beobachten. Der Teil mit dem runden Ornament, der über die Wirbel hinausragt,  ist ein dünner Ausläufer des aus einem Stück gearbeiteten Instruments, in den die separat aufgeleimte Decke bündig übergeht. Bis heute wurde und wird die gusli beim Spielen auf den Schoß oder einen Tisch gelegt, oder mit einem Band um den Hals im Stehen vor der Brust gehalten. Die rechte Hand streicht über alle Saiten hinweg, oft mit einem Plektrum, die linke Hand dämpft mit aufgelegten Fingern diejenigen Saiten ab, die nicht klingen sollten. Eine andere Spielweise besteht darin, dass die Saiten mit Fingern gezupft werden, Mischformen beider Techniken sind üblich. Im Mittelalter wurde die Flügelgusli überwiegend von Männern gespielt, sie begleiteten rituelle Prozessionen, spielten zum Tanz auf und umrahmten humorvolle Gedichte, Volkslieder und epischen Gesang. Im 19. Jahrhundert ging man nach und nach zur Kastenbauweise aus einzelnen Planken über, man fügte einen Steg ein und die hölzernen wurden durch metallene Wirbel ersetzt.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Orchesterinstrumente entwickelt, die Andrejew in sein Großes Volksmusikorchester einbaute. Es waren zunächst auf Grund ihrer Größe meist geradseitige Tischinstrumente (stolovye gusli), (siehe Abbildung links), mit Steg und metallenen Stiften zur Befestigung der Saiten und zum Stimmen. Meist war auch eine Vorrichtung angebracht, die das Spiel anderer Tonarten erleichterte. Diese Gusliart soll sich beim Adel und der gehobenen Klasse großer Beliebtheit erfreut haben. Daraus entwickelte N.P. Fomin 1914 die klavishnye gusli (Konzertgusli) indem er eine separate Klaviatur aufsetzte. Man bedient damit ein Dämpfungssystem ähnlich einer autoharp. Mit dem Niederdrücken einer Taste der Klaviatur werden unerwünschte Saiten abgedämpft, die restlichen werden meist im Arpeggiostil mit Hilfe eines Plektrums zum Klingen gebracht. [607 Kap. Gusli]

Video Gusli (Helm) [658]
Video Gusli traditionell [659]
Video Gusli solo [659A)
Video Gusli mit Voks.instr. [659B]
Video Gusli mit Orch [660]
Video Konzert-Gusli [661]

Baltische Psalterien

Kantele

Bei der kantele oder kannel handelt es sich um die finnische Version der im Baltikum weit verbreiteten Psalterien. Diese stehen in einem etymologischen Bezug zueinander, sie heißen in Estland ebenfalls kannel, in Karelien kandele, in Lettland kokle und in Litauen kankles. Wie schon erwähnt stehen  sie in enger Verwandtschaft zur russischen Flügelgusli, die sich in Aufbau, äußerer Form, Ornamentik und Spieltechnik kaum unterscheidet. Die vorstehend gemachten Aussagen treffen in gleicher Weise mit wenigen Abstrichen auch auf die baltischen Instrumente zu.

Die Instrumente wurden ursprünglich aus einem Block Erle, Fichte, Birke oder Ahorn in Form eines unregelmäßigen Dreiecks oder Trapezes herausgearbeitet. Dies konnte von oben, von unten oder von der Seite aus bewerkstelligt werden. Geschah dies von oben, wurde der entstandene Hohlraum  durch eine aufgesetzte Decke meist aus Tannenholz wieder geschlossen. Wurde von unten oder der Seite ausgehöhlt, blieben die Instrumente meist offen. Ein einziges oder mehrere Schalllöcher unterschiedlicher Form ( z.B. Rundloch, Kreuz, Blume) wurden ausgeschnitten und die restliche Decke oft mit Ornamenten verziert. Die Größen waren schwankend, in Museen findet man Instrumente mit 45 bis 100 cm Länge, 10 bis 32 cm Breite und 3 bis 11 cm Dicke. Die Saitenzahl lag zwischen 5 und 15, meistens aus Kupfer oder Stahl. Sie wurden an einem Stab befestigt, der häufig aus Metall war. Er wurde im schmaleren Teil der Instrumente in einer Kerbe gehalten Von hier aus verliefen sie parallel zur Decke und fächerförmig zum breiteren Ende mit den hölzernen Stimmwirbeln. Diese lagen in einem schrägen Winkel zur Haltestange, so dass die Saiten eine unterschiedliche Länge aufwiesen. Die fünfsaitige finnische kantele war in einem Dur-, Moll- oder neutralem Pentakkord gestimmt. Instrumente mit einer größeren Saitenzahlwaren diatonisch gestimmt, dabei wurde oft die tiefste Saite  als Drone benutzt. Die Decke war manchmal (siehe Flügelgusli ) am breiteren Ende über den Resonator hinaus weitergeführt, dieser Teil wird mit dem estnischen Begriff laba (= Schaufel, Paddel) bezeichnet. Diese Bauform war in Finnland aber kaum bekannt, später  kommt eine halbrunde Ausbuchtung am schmalen Ende hinzu, estnisch ponsi genannt. Laba und ponsi scheinen etwas mit der Spielhaltung des Instruments zu tun zu haben. Die Psalterien konnten waagrecht auf den Knieen oder auf dem Tisch liegend gespielt werden. Eine zweite Art war die senkrechte Haltung, bei der die breitere Seite auf die Kniee gestützt und der schmalere Teil gegen den Körper gehalten wurde. Bei beiden Arten  lag die kürzeste Saite mit dem höchsten Ton dem Spieler am nächsten. Da das ponsi -Teil mit den Knieen gehalten werden konnte, diente es der Stabilisierung des Instruments. Das laba - Teil soll dazu geholfen haben, den linken Arm in der vertikalen Position zu halten. Zwei Spieltechniken kann man bei allen baltischen Formen des Psalteriums unterscheiden (siehe gusli), einmal das Spiel mit dem Plektrum in der rechten Hand, mit dem man im Arpeggiostil über alle Saiten fährt während die linke Hand die ungewollten Saiten dämpft. Diese Technik wird oft bei der akkordischen Liedbegleitung angewendet. Zum Spielen von Melodien benutzt man eher die Zupftechnik, bei der mit den Fingern beider Hände die Saiten zum Klingen gebracht werden, um Mehrstimmigkeit oder auch Akkorde zu erzeugen, Mischformen sind weit verbreitet.

Im 19. Jahrhundert veränderte man die Bauweise und setzte die Instrumente nach dem Vorbild der alpenländischen Zither aus mehreren Einzelteilen in Kastenbauweise zusammen. Die Saiten dieser diatonischen Instrumente verliefen nun parallel zueinander und ihre Zahl wurde auf 24 bis 32, bei einzelnen sogar bis auf 36, erhöht. Sie wurden nun an Metallstiften befestigt und mit Metallwirbeln gespannt. Spieltechniken der Zither, wie z.B. der Daumenring, wurden teilweise übernommen. In neuester Zeit werden chromatische Instrumente gebaut und solche mit Halbtonklappen sowie Mechaniken zum Dämpfen.

In den baltischen Staaten haben die Psalterien in der Volksmusik eine herausragende Stellung und sind zu einem Symbol nationaler Identität geworden. In Finnland sticht die kantele vor allem dadurch hervor, dass man mit ihr traditionell die Runen (Verse) des Nationalepos kalevala untermalt. Nach einem Mythos, der in einer solchen Rune enthalten ist, soll der weise Väinämöinen die erste kantele aus dem Kieferknochen eines Hechts gebaut haben, die er mit Mädchenhaaren bespannte. Im Zusammenhang mit der Begleitung der kalevala - Runen (in Estland dem kalevipoeg) sollen die baltischen Psalterien ihren Ursprung in vorchristlicher Zeit haben [429, Kap. Finn.-ugr. Musik] Den Instrumenten wird manchmal eine magische Funktion zugedacht, man verwendet sie in Ritualen, begleitet Volkslieder und Volkstänze oder spielt sie einfach nur zur persönlichen Erbauung. Trotz mehr als 100 Jahren Forschung bleiben Ursprung, Geschichte und Verbreitung der baltischen Psalterien letztendlich im Dunkel. Die frühesten Funde stammen aus dem 11. - 15. Jahrhundert aus Nowgorod, Pskow, Oppeln und Danzig. Sie haben alle das gleiche Aussehen wie die frühen baltischen Instrumente. Auffällig ist, dass einige von ihnen eine breite Öffnung im Korpus haben, was auf eine Verwandtschaft mit der Leier hindeuten könnte.

Kanklés

kanklés  ist die Bezeichnung für die Art Psalterium, die in Litauen zu finden ist. Das Instrument kann in verschiedenen Formen und Größen vorkommen, am verbreitesten ist die Form eines Trapezes. Der Resonator der Instrumente ist üblicherweise aus Esche, Ahorn, Linde oder Espe und die Decke kann aus dem Holz von Tanne, Esche, Linde oder Espe bestehen. Die Stimmwirbel werden aus Eiche oder Ahorn gefertigt, erst in neuerer Zeit werden sie aus Eisen hergestellt. Ältere Instrumente verwendeten Darmsaiten, heute sind Kupfer- und Stahlsaiten üblich. Die Schallöcher sind mit Schnitzereien verziert oder als geometrische Figuren sei es als Kreis, Blume oder Kreuz ausgebildet.Die Stimmung der Instrumente ist meist diatonisch und der Klang des Instruments kann als weich bezeichnet werden.

Bei älteren kanklés ist der Korpus noch aus einem Stück gearbeitet, sie besitzen meist 7 - 9 Saiten. Man benutzte sie als Soloinstrument zur Begleitung polyphonischen Gesangs (sutartinès ) im nordwestlichen Litauen. Dort wurde auch eine größere Form , die "einfache kanklés" gespielt, die 9 bis 12 Saiten aufwies (siehe Bild links Kankles 1).

In Suwalkija, im südwestlichen Litauen, spielt man eine komplexer aus verschiedenen Teilen zusammengesetzte kanklés. (siehe kankle´s 2) Das schmalere Ende ist als halbkreisförmiges Segment ponsi ausgebildet, wie vorstehend  bereits beschrieben, während der breitere Teil in einer Schnecke seinen Abschluss findet. Moderne kanklés werden in verschiedenen Größen hergestellt und können bis zu 29 Seiten aufweisen.[607,Kap. Kankles]

Video Rune und Kantele [662]
Video Kantele Volkslied [663]
Video 2 fünfsait Kantele [664]
Video Kantele 10 saitig [664A]
Video Kantele klass. Spielweise [664]
Video Kankles solo  [665]
Video Kankles solo [666]
Video Kokle tradit. [667]
Video Kokle Konzert [668]
Video Kokle Gruppe [669]
Video Kokleorchester  [670]
Video Akkordkannel [671]

Kokle

Die kokle ist die lettische Variante der baltischen Psalterien. Bei der traditionellen Form unterscheidet man zwei Typen, die kleinere Kurzeme und  die größere  Latgale - Form. Die Latgale - Form hat zwischen 9 und 12 Saiten, selten weniger.(siehe Bild kokle traditionell). Erstere besitzt bei einem schmalen Korpus 5 - 9 diatonisch angeordnete Saiten, die tiefste wird dabei eine Quarte tiefer gestimmt und dient als Bordun. Sie ist massiver gebaut und reicher dekoriert z.B. mit verschieden gestalteten Schalllochformen. Hier findet sich auch die Flügelform wieder, die dem Instrument einen kräftigeren Ton verleiht. Die kokle wird überwiegend auf dem Schoß liegend gespielt, mit der kürzeren Seite zum Körper weisend. Die Spieltechnik ist die gleiche wie bereits dargestellt.

Unter dem Einfluss der alpenländischen Zither wurden Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts wichtige Änderungen an der kokle vorgenommen. Die Saitenzahl stieg auf 17 und manche Instrumente hatten bis zu 30 einzelne oder Doppelsaiten. Die Stimmung blieb diatonisch, manchmal wurden 2 - 3 Basssaiten hinzugefügt. Oft wurde ein Steg eingesetzt und metallische Stimmwirbel ersetzten die hölzernen. Der Korpus wurde aus Einzelteilen zusammengesetzt und zitherähnliche Spieltechniken adaptiert. Die Zither selbst wurde adaptiert und es entstanden Hybridinstrumente mit Melodiesaiten wie die kokle und Begleitakkorden, die wie eine Akkordzither gespielt wurden. (siehe Video 671).

Ab den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden die Instrumente immer mehr verbessert. Die Saitenzahl wurde weiter vergrößert und eine vollchromatische Reihe erreicht, vor allem auch durch den Einbau von Umstimmvorrichtungen. Auch Dämpfungssysteme sind an heutigen Konzertkokles zu sehen, sie wird auch in unterschiedlichen Stimmlagen - sopran, tenor, bass - angeboten.


[607 Kap. Kokle]

Talharpa

Die talharpa oder tagelharpa (schwedisch Pferdeschwanzhaar - Harfe) wurde vom schwedischen Musikforscher Anderson auch als strakharpa (Streichharfe) bezeichnet. In Estland nennt man sie hiiu kannel oder ruotsi kannel (schwedische Kannel) weil sie vor dem 2. Weltkrieg im Westen des Landes auf den überwiegend von Schweden bewohnten Inseln z.B. Hiiumaa und Vormsi gespielt wurde. Sie steht in enger Verwandtschaft zu der finnisch - karelischen jouhikko (auch jouhikannel oder jouhikantele = finn. Pferdehaarkantele). Mit den genannten Begriffen werden Streichleiern bezeichnet, die in den vorbezeichneten Gebieten über Jahrhunderte zu den typischen Volksinstrumenten gehörten. Über die Herkunft gibt es unterschiedliche Theorien und es gibt darüber keinen Konsens in der Musikforschung. Anderson vermutete den Ursprung im keltisch-walisischen crwth der mit den Wikingern nordwärts bis zu den Shetlandinseln und ostwärts nach Schweden gelangt sei von wo er sich bis nach Finnland und Estland ausgebreitet habe.Andere, wie Tobias Norlind, vermuten eine originär skandinavische Herkunft mit enger Verflechtung zu Russland oder den Einfluß deutscher und französischer Mönchsorden wie Francis Galpin annahm. Festzustehen scheint, dass ältere Formen der slawischen Kastenzither gusli, die man in Polen und vor allem Nowgorod ausgegraben hat, große Ähnlichkeiten mit den Streichleiern aufweisen. Diese krylovidye gusli (flügelförmige Gusli) besaßen eine Öffnung, durch die der Spieler von unten her die Saiten des vor ihm schräg aufrecht gestellten Instruments dämpfen konnte. Erst später ging man zur liegenden Spielhaltung bei den Psalterien wie der gusli über, bei der die Saiten von oben her gedämpft wurden und die Öffnung im Korpus überflüssig machten.

Die hier abgebildete talharpa wurde in Polen gebaut. Sie besitzt drei Saiten aus Pferdehaar ( üblich sind auch vier) in der Stimmung d g g. Auch werden Saiten aus Darm oder Stahl verwendet. Diese werden an einem Saitenhalter aus amerikanischer Eiche befestigt und verlaufen über einen flachen Steg aus Ahorn zu den drei Stimmwirbeln, die hinterständig im integrierten Joch sitzen, welches zwei symmetrische Jocharme verbindet. Der Schallkörper ist nicht wie traditionell üblich aus einem Stück herausgearbeitet, sondern Boden und Decke aus Ahorn wurden auf einen ausgeschnittenen Rahmen aus Bergulme aufgeleimt. In die Decke eingeschnitten sind drei Schallöffnungen; zwei davon sind symmetrisch angeordnet, von länglicher Form und leicht nach außen gebogen. Die dritte ist kreisrund und als Rosette beschnitzt. Zwischen Resonator und Joch bzw. den Jocharmen befindet sich eine rechteckige Öffnung.

Beim Spielen wird das Instrument im Sitzen leicht schräg auf den Oberschenkel parallel zum Körper gestützt, nach links geneigt und mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand am oberen Jocharm gehalten. Der Daumen bleibt außerhalb während die restlichen vier Finger zwischen Jocharm und erster Saite oder zwischen den ersten beiden Saiten sich bewegen können. Die Saiten werden meistens mit den Knöcheln verkürzt, manchmal auch mit den Innenseiten der Finger. Man spielt die Melodie fast immer nur auf einer Saite, die restlichen dienen als Bordune. Der einfache Streichbogen besteht oft aus einer gebogenen Stange oder einem gekrümmten Zweig, die mit Pferdehaaren bespannt werden. Mittel- und Ringfinger werden dabei zwischen Bogenstange und Bespannung geschoben so dass man die Spannung des Streichbogens beliebig variieren kann und alle Saiten gleichzeitig spielbar sind. Mit der talharpa werden hauptsächlich Lieder und Tänze begleitet, sie war das beliebteste Instrument bei Hochzeitsfeiern. Wähend der Weihnachtszeit wurde sie oft im familiären Kreis gespielt und im Sommer traf sich die Jugend zum gemeinsamen Leierspiel in der freien Natur.

Die verwandte finnische jouhikko besitzt ebenfalls drei Saiten, die Längsseiten des Korpus sind öfter leicht tailliert oder auch ausgebuchtet. Ein weiterer Unterschied zur talharpa liegt in der Form der Öffnung, durch die die Saiten von hinten her verkürzt werden. Diese ist viel schmaler bei der jouhikko so dass die Finger der linken Hand nur eine oder zwei Saiten erreichen können. Die dritte Saite verläuft schon über dem Jocharm des Resonators und dient als Bordun. [779] [607, Kap Strakharpa]

Video Talharpa [780]
Video Jouhikko [781]

Tamburainstrumente Kroatiens

Unter tambura versteht man eine Familie von Langhalslauten, die überwiegend in Kroatien und der Vojvodina in den tamburaski ansambli  gespielt wird. Dazu zählen bisernicabrac´, célo, bugarija und berda.
Die höher gestimmten Instrumente können eine ovale Form haben oder einen birnenförmigen Korpus aufweisen wie bisernica und tambura brac´ (siehe Bilder). Vor allem bei älteren Instrumenten findet sich die letztere Form, was auf ihre Herkunft hindeutet. Tiefer gestimmte Instrumente ähneln im Aussehen deutlich der Gitarre ( brac´ (teilweise), célo und bugarija), sie werden aber nicht mit den Fingern gezupft, sondern mit einem Plektrum ähnlich der Mandoline angeschlagen.

Diese älteren, birnenförmige Instrumente haben ihre Vorläufer wohl in der Familie der persisch-arabischen tanbur, die im frühen 19. Jahrhundertvon den Türken auf den Balkan gebracht worden waren und sich von Bosnien aus über Kroatien und die Vojvodina verbreiteten. Im Verlaufe der Biedermeierzeit bildeten sich Ensembles, die Gitarreninstrumente integrierten. Ihre Form dominiert heute, mit Ausnahme der bisernica, die sich in der Form meistens absetzt.
Die bisernica (= Perle, Perlchen)ist das kleinste Instrument der Tamburaorchester, man nennt sie auch tamburica. In einigen Regionen heißt sie prim, die 2. bisernica im Orchester wird auch als kontrasíca oder terzprim bezeichnet. Ihr Korpus wird aus Ahorn, Fichte, Kirsche oder einem anderen Obstholz hergestellt. Dies geschah früher aus einem Block des Materials, später wurde der Korpus aus Holzstreifen zusammengesetzt. Manche besitzen 8 - 24 dünne Bohrungen in der Decke, andere zeigen ein rundes Schallloch. Die 4 - 6 Stahlsaitenwerden mit einem Plektrum gespielt und können, lokal verschieden, unisono oder eine Terz bzw. Quinte tiefer gestimmt sein. Auf der obersten Saite, die oft doppelchörig ist, wird die Melodie gespielt, die restlichen dienen als Bordune. Auf dem Hals sind Metallbünde bzw. Halbbünde eingelassen, was auf eine zunächst diatonische Bundanordnung schließen lassen könnte.Die bisernica kann zwischen 45 und 115 cm lang sein, üblich sind 70 - 90 cm.
Das nächst größere Instrument im tamburaski ansambli ist die tambura brac´, sie ist zwischen 88 und 97 cm lang und ist wie die bisernica gestimmt. Sie kann im Orchester ebenfalls die Melodiestimme übernehmen, spielt meistens aber in mittleren Tonlagen. In größeren Ensembles ist sie wie die bisernica mehrfach besetzt. In einigen Gegenden heißt die 1. brac´ bassprim, die 2. brac´terzbassprim oder auch bassprimterz. Im Aussehen gleicht sie der verwandten bulgarischen tambura. Teilweise wird sie heute  auch in Gitarrenform gebaut.
Das dritte Melodieinstrument mit einer Größe von 105 bis 108 cm ist das stets gitarrenförmig gebaute célo, auch célovic´oder célo-brac´genannt. Sie ist eine Oktave tiefer gestimmt als die brac´ und spielt meist die Gegenmelodie zu den beiden hohen Instrumenten.
Sie ist in kleineren Ensembles seltener vertreten.
Die gitarrenähnliche bugarija, auch kontra genannt, wird als Rhythmusinstrument zur Begleitung verwendet. Sie ist 3 oder 4-saitig und ist im Aussehen,der Größe und dem Gewicht ein Pendant zum célo. Sie spielt fast immer akkordische Gegenschläge zum Bass, daher rührt auch die Bezeichnung kontra.
Der Bass im Tamburaorchester wird als berda oder beges´ bezeichnet. Mit einer Größe von 140 bis 160 cm ist er fast baugleich mit unserem Kontrabass. Das kroatische Instrument besitzt aber Bünde und wird fast ausschließlich mit einem Plektrum aus Leder oder Plastik gezupft.

Die tambura - Instrumente werden gespielt wie die Mandoline; die Saiten werden mit einem Plektrum im Abschlag oder Wechselschlag zum Klingen gebracht, wenn kurze Notenwerte verlangt sind. Längere Werte werden in der Regel im Tremolo wiedergegeben, das man in Kroatien als trzanje bezeichnet wird. Dadurch erinnert der Klang der tamburaski ansambli an den Klang von Zupforchestern, die im Prinzip ähnlich aufgebaut sind (1. Mandoline, 2. Mandoline, Mandola, Gitarre, Bass ). Für die Stimmung innerhalb der Orchester existieren mehrere lokal unterschiedliche Varianten, die z.B. auf Milutin Farkas oder Alfons Gutschy zurückgehen, eine Darstellung würde hier den Rahmen sprengen.

Die ersten Ensembles mit tambura - Instrumenten waren klein und bestanden aus wenigen Amateurmusikern, die Gesang und Tanz begleiteten. Im ausgehenden 19. Jahrhundert vergrößerte sich die Anzahl der Instrumente, die Orchester waren breiter besetzt, man spielte traditionelle und patriotische Literatur und eigens im Volksmusikstil komponierte Arrangements. Im 20. Jahrhundert wurden die tamburaski ansambli  immer professioneller, sie standen oft in Verbindung mit Radiosendern, die ihre Musik verbreiteten. Seit den 80 er Jahren, im Zusammenhang mit den politischen und militärischen Auseinandersetzungen auf dem Balkan, wird diese Art von Musik in Kroatien auch als ein Bestandteil nationaler Identität aufgefasst. Entsprechend groß ist auch ein gewachsenes Interesse der Jugend an den tradierten Musikformen.[607, Kap. Tambura(ii)] [672][673]

Video Tamburica solo [674]
Video Tamburaski Gruppe [675]
Video Slawon. Folklore [676]
Video Tamburaski ork [677]
VideoTamburasci groß [678]
Video Tamburasci groß [679]
Video Tamburasci mit Gesang [680]

Gusle

Der Wortstamm der gusle kommt vom protoslawischen gosl  (= Saite). Damit werden verschiedene Arten von Chordophonen im slawischen Sprachraum bezeichnet. In Russland benennt man mit dem Begriff gusli eine Psalterium (siehe vorstehendes Kapitel), während man in Südosteuropa unter gusle eine mit einem Bogen gestrichene, meist einsaitige, selten zweisaitige Laute versteht. Dieses südslawische Instrument ist, nach C. Sachs, in West- und Innerasien beheimatet und war den Slawen schon zur Zeit des byzantinischen Reiches bekannt. In der Herstellungsart und in den verwendeten Materialien bekundet sich ein Bezug zu einer alten Hirtenkultur. Die gusle findet sich bis in unsere Zeit hinein in Montenegro, der Hercegovina, teilweise im Amselfeld und im Gebiet um Novi Pazar, in Bosnien, Serbien, sowie in Orten Südkroatiens und Dalmatiens. Die Guslaren fertigten ihre Instrumente meist selbst, es gab und gibt aber auch professionelle Guslebauer.

Hals und Korpus der gusle werden aus einem Block herausgearbeitet, man verwendet meistens Ahornholz. Der Hals, der keine Bünde besitzt, ist relativ schmal, der hohle Korpus kann oval, rund, blattförmig oder birnenförmig gestaltet sein. Er ist üblicherweise mit dem Fell junger Ziegen überspannt, aber auch Schaf-, Hasen-, oder Eselfell sollen Verwendung gefunden haben. In die Decke sind häufig dünne Schalllöcher eingebrannt, die zu Mustern angeordnet sein können. Viele Instrumente besitzen am Boden des Resonators ein zweites Schallloch. Auf dem unteren Teil der Decke steht ein loser Steg, über den, oder durch den hindurch eine Saite aus Rosshaaren führt. Sie ist an einem hölzernen Vorsprung am unteren Korpusrand als Saitenhalter befestigt und führt dann über den Hals bis zu einem hölzernen Steckwirbel, der von hinten durch den Kopf geführt wird. Der Bogen weist eine starke Krümmung auf und wird aus dem Zweig eines Hartgehölzes oder der Kornelkirsche hergestellt und ebenfalls mit Pferdehaar bespannt. Der Korpus wird manchmal dekorativ beschnitzt, der Kopf wird fast immer ornamentiert, häufig wird er in Form eines Widderkopfs wie im Beispiel rechts oder von Ziegenköpfen wie im links abgebildeten Instrument ausgeführt, aber auch Vogel oder Schlange bzw. Fabelwesen kommen als Motiv vor. Ebenso kann die Vorderseite des Halses, auf dem die Saite ja nicht aufliegt und nicht von ihr berührt wird, reich gestaltet sein, und auch die Rückseite, wie auf dem rechten Beispiel ersichtlich ist, das ich in den siebziger Jahren in Dubrovnik erworben habe. Die links oben abgebildete sehr große Gusle 1 scheint eher als Dekoobjekt gedacht zu sein.

Die gusle spielt man überwiegend im Sitzen, den unteren Rand des Resonators auf die Kniee gestützt. Der Hals zeigt nach oben und ist leicht nach links geneigt, er wird von der linken Hand gehalten und die Saiten werden von der rechten Hand mit dem Bogen gestrichen. Sie  werden meistens nur mit  gestrecktem Zeige- und Mittelfinger der linken Hand durch  leichtes Berühren  verkürzt, die Position der Hand  wird dabei kaum verändert. Der guslar trägt hauptsächlich Lieder in epischer Form vor, die z.B. aus dem geschichtlichen Umfeld der jeweiligen Volksgruppe stammen, aber auch Balladen und Geschichten mit Gegenwartsbezug. Die gusle übernimmt das Präludium und instrumentale Zwischenteile. Meist stützt sie den Sänger mit einer unisonen Melodieführung bei seinem Vortrag. Man stimmt das Instrument jeweils individuell nach der geforderten Tonhöhe, die vom Gesangsinterpreten vorgegeben wird.

[429, Kap Gusle][607, Kap Gusle]

Video Gusle [687]
Video Gusli serb.[688]

Die links abgebildete Gusle 3 scheint keine von den vielfach angebotenen Touristenmitbringseln (wie z.B. Gusle 2)  zu sein, wie  sie  in  großer Zahl  im früheren Ex - Jugoslawien angeboten worden waren. Wie bei allen Instrumenten von diesem Typus sind Hals und Korpus aus einem Stück Holz gearbeitet, wobei der Korpusunterteil vollständig mit feiner Schnitzarbeit verziert ist, ebenso wie die Oberseite des Halses. Die Decke besteht aus einem dicken Fell, das rundum mit feinen Holzstiften im oberen Rand des Korpus befestigt war, sich aber wahrscheinlich durch eine zu hohe Saitenspannung partiell aus den Stiften gelöst hat. Der Kopf mit etwa 16 cm Länge ist wahrscheinlich angesetzt und ist als Fabelwesen halb Schlange (Drachen?), halb Fisch ausgebildet. Die Einzelsaite wird am unteren Korpusrand an einem herausgeschnitzten Zapfen eingehängt und führt durch eine Bohrung im halbrunden, geschnitzten Steg zu einem massiven Holzwirbel, der von hinten durch den etwas stärker ausgebildeten Kopfteil geführt wird. Auch der Bogen ist künstlerisch gestaltet und einer Schlange ähnlich. Der Rücken ist gezackt, die Seiten sind beschnitzt, das obere Ende zeigt den Kopf mit angedeutetem Maul und Auge. Die streichbare Bogenlänge beträgt etwa 34 cm und die Spannung lässt sich durch einen Holzwirbel regeln.

Dvojnice

Die dvojnice ist eine endgeblasene, doppelte, meist gedackte Flöte, die in fast allen Teilen Kroatiens in leicht unterschiedlichen Varianten gespielt wird. Je nach Region wird sie auch als dvojnica, zveglica, dipla, dvogrla, dvojkinja oder vidalica bezeichnet. Auch in anderen Teilen Ex-Jugoslawiens ist sie unter Bezeichnungen wie dvojenice (westl. Serbien), dvojanka und slagarka (Mazedonien) zu  finden, ähnliche Instrumente sind auch in der Ukraine (dvodentsivka), Bulgarien (dvoyanka) und in Albanien (culedyjare) beheimatet.

Zur Herstellung der Doppelflöte werden zwei zylindrische Röhren in ein massives Holzstück gebohrt. Das obere Ende ist als schnabelförmiges Mundstück ausgebildet, beide Flöten (jedinkas) werden immer simultan gespielt, die Kerbe des Anschnitts zeigt in Kroatien immer nach oben. Der Luftstrom, den der Spieler erzeugt, wird direkt auf die Kante des Labiums geleitet. Das Mundstück und die rechteckige Oberfläche des Instrumentenoberteils sind mit eingeschnitzten oder eingebrannten geometrischen Motiven fast vollständig ornamentiert. Im unteren Teil werden die beiden Rohre durch einen Einschnitt voneinander separiert, am Ende aber bleibt ein Verbindungssück erhalten. In Kroatien hat die rechte Bohrung (vom Spieler aus gesehen) vier und die linke drei Grifflöcher, seltener sind fünf rechts und vier links. In Bosnien, der Hercegovina und Teilen Serbiens hat umgekehrt die linke Flöte die größere Zahl an Grifflöchern. Wegen der besseren Spielbarkeit mit den Fingerkuppen sind diese leicht ins Holz eingelassen. Oft sind beide Rohre am Ende mit einem Holzpflock verschlossen, der nur eine schmale Öffnung freilässt. Das Instrument wird immer beidhändig gespielt, wobei beide Daumen von hinten als Stütze dienen. Die übliche Länge der dvojnice liegt zwischen 31 und 36 cm.

Die dvojnice hat nur einen begrenzten Tonvorrat, nur sechs Töne können in einer Oktave wiedergegeben werden. Durch Überblasen kann man in eine höhere Oktave wechseln. Geschickte Spieler vermögem durch Veränderung des Neigungswinkels sogar auf beiden Flötenrohren in unterschiedlichen Oktaven zu spielen. Für alle dvojnice - Typen des Balkans ist die zweistimmige Spielweise, ein Stil, der als cobanska svirka  (nach Art der Schäfer) bezeichnet wird. Gemeint ist eine Art von Improvisation, die auf die Herkunft des Instruments im ruralen Bereich als Instrument zum Zeitvertreib hindeutet und die sich auf alte Vokaltraditionen stützt, bei denen die Melodielinien oft in Terzen geführt wurden. Ihr weites Verbreitungsgebiet weist auf die Popularität der dvojnice hin, die heute auch in der Tanzmusik ihre Verwendung findet. [607, Kap. dvojnice][689][690]

Video dvojnice solo [691]
Video dvojnice Duett [692]
Video dvojnice Tanzmusik [693]