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Institut für Musikforschung

Querspinett (J. H. Silbermann) - N 4


Nicht signiert, um 1767. 
Zusammen mit sechs weiteren Instrumenten gleicher Bauart gehört dieses Exemplar zu den wenigen Zeugnissen deutscher Spinette des 18. Jahrhunderts. Nur eines davon, aus der Sammlung Neupert (jetzt Germanisches Nationalmuseum), weist mit seiner Signatur auf Johann Heinrich Silbermann (1727–1799) hin, den Neffen des Bach-Freundes Gottfried Silbermann (1683–1753) sowie Bruder des Straßburger Johann Andreas Silbermann (1712–1783), der durch seine Leistungen im Orgelbau bedeutend ist. (Als Alternative zu Silbermann könnte auch der Ansbacher Clavierbauer Christian Gottlob Hubert in Betracht kommen.) Die schlichte, doch gediegene Bauart sowie Details (Füße, Rosette, gefüllter Deckel, Nußbaum-Furnier) scheinen auch bei diesem Instrument für die Autorschaft Johann Heinrich Silbermanns zu sprechen. Die Bestandteile des Korpus’ legen eine bereits serialisierte Produktionsweise nahe.

Bemerkenswert ist die Bauweise mit langen Saitenmensuren (Tonumfang fünf Oktaven, F1–f 3), die auf eine dem Cembalo nahekommende Sonorität zielt, sowie der für heutige Spieler ungewohnte Tastenhebel: die Vordertasten sind im Vergleich zur Gesamt-Tastenlänge kurz. Das Instrument soll Spieler und Hörer vor allem durch seinen Saitenklang einnehmen: sein Erbauer hat auf mehrchörigen Saitenbezug oder Zusatzmodulatoren (z.B. Lautenzug) verzichtet.  

Das Spinett aus der Erlanger Sammlung wurde 1982/83 von der Firma J. C. Neupert als Vorlage zu einer Nachbau-Serie verwendet und bei dieser Gelegenheit restauriert. 
Von dem Instrument wurden für die Raum-Klanginstallation "Copia" (2012) Resonanzen abgenommen.

Maße: Gesamtlänge (max.): 191,5 cm; Tiefe (max.): 64,5 cm; Höhe (mit Deckel): 81,5 cm; Zargehöhe mit Unterboden: 21,4 cm. Winkel: zwischen kurzer und langer Wand 117°; zw. langer Wand und Rückwand 52°; zw. Rückwand und Hohlwand 148°.

Mängel: Tastenfront c1 lose (Juni 2015 mit Fischleim fixiert); die Springer wurden (zu einer nicht dokumentierten Zeit) umgesteckt und weisen (27. 2. 2014) eine ad hoc nicht nachvollziehbare Reihenfolge auf; Bein 3 (v.l.) steht aufgrund des leicht verzogenen Korpus’ mit Holzkeil gestützt.

Vergleichsinstrumente (bislang 12): Bachhaus Eisenach [Wolfgang Heyde: Historische Musikinstrumente im Bachhaus Eisenach, Bachhaus, Eisenach, 1976, I 75 und I 76, baugleich; S. 125–127 und 133 (Foto von I 75); Abb. hier]; Musikmuseum Basel, 1878.9; Gemeentemuseum Den Haag, Ec587-1933; Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig, Inv.-Nr. 61; Germanisches Nationalmuseum, Inv.-Nr. MINe90. National Music Museum, Vermillion SD, NMM 6205. Nach der Recherche von Georg F. Senn (Basel, Stand 2008) fünf weitere in Privatbesitz (alle in der Schweiz). – Neun von diesen sind erwähnt bei Donald Howard Boalch, Makers of the Harpsichord and Clavichord: 1440–1840, Oxford 2/1978.

Informationszettel – Spinett N 4 [pdf]

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