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Institut für Musikforschung

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Katelijne Schiltz (Regensburg): Musik und Magie – Zur Symbolik des Rückwärtssingens im 15. Jahrhundert.

Dienstag, 26. November 2013, 18:00 Uhr, SR 113; Gastvortrag im Rahmen des Kolloquiums

In Dufays Oeuvre gibt es drei Kompositionen, bei denen die Erwähnung des Lamm Gottes mit der Anleitung zum Rückwärtssingen verbunden wird: die Motette Balsamus et munda und zwei Agnus Dei-Vertonungen des Ordinarium missae. Wie ist diese auffällige Häufung einer Kompositionstechnik in Verbindung mit dem Lamm Gottes zu verstehen? Während Craig Wright das sukzessive Vorwärts- und Rückwärtssingen einer Melodie als Bild für „Christ’s journey into Hell and return“ und als Ausdruck von „the eternal prophecy of Revelation: our beginning will be our end“ versteht, verbinde ich das musikalische Verfahren des Rückwärtssingens mit einer Tradition, die bis in die griechisch-römische Antike zurückreicht. Dort begegnet man immer wieder Phänomenen wie dem Rückwärtssprechen, -lesen oder -schreiben. Der Kontext ist in der Regel ein magischer, bei dem die Aktivierung bzw. Abwehr übernatürlicher, oft böser Mächte im Mittelpunkt steht. Die Assoziation einer Rückwärtsbewegung mit magischen Praktiken war in der Antike, dem Mittelalter und auch in folgenden Zeiten so verbreitet, dass sie sich in verschiedenen Kunstformen niederschlug, vor allem in der Literatur. In meinem Vortrag werde ich diese Tradition anhand einschlägiger Beispiele illustrieren.

Es wird darüber hinaus gezeigt, dass Dufay gewissermaßen als Katalysator für eine Tradition fungiert haben könnte, denn im 15. und 16. Jahrhundert begegnen uns eine erstaunliche Zahl von Messen, deren Agnus Dei die Krebstechnik (simultan oder sukzessiv) verwendet. Schließlich soll kurz auf Kompositionen aus späteren Jahrhunderten eingegangen werden, in denen sich die magischen Konnotationen der Rückwärtsbewegung niederschlagen und die zeigen, wie tief verwurzelt dieses Denkmuster in unserer Kultur ist.

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