Intern
Institut für Musikforschung

Ort: Unter Opern-Fresken

Ein Ladenlokal in der Innenstadt war während der Festivalzeit die "zweite Heimat" des Mozartfests 2022: "M PopUp, der Raum für Mozart, ein Ort für Musik und Experiment, für Ausstellung und Begegnung, für Entdecker, Mitgestalter und Ausprobierer", so das Programmheft. Ein buntes Programm wurde im PopUp während der Festivalzeit gegeben. Zu Gast waren der solidarische Musikschulverein WiMu e.V., Performances der Pianistin Pianistin Hanni Liang, Audio-Angebote mit einem Soundwalk und einer Hörspielbank – und die Tonspuren.

Für den Kontext Mozart in Würzburg war der Leerstand ein eigenartiger Zufall. Das ehemalige "Café Mozart", Herrnstraße 2, ist dominiert von Fresken des Würzburger Malers Wolfgang Lenz von 1982. Zu sehen sind Szenen aus den großen Opern Mozarts: Don Giovanni, Le nozze di Figaro, Die Zauberflöte, Die Entführung aus dem Serail, kulminierend in einem Tombeau de Mozart – vor dem während der PopUp-Nutzung grabsteinschwer ein schwarzes Klavier seine Stellung bezogen hatte. Was den Betrachter anschaut, ist ein Mozart aus der Perspektive der frühen 1980er, ein Rezeptionsphänomen. Betritt man das Ladengeschäft, blickt einen von der Wand gegenüber der Tür die Darstellung des Bassa Selim mit osmanischem Turban an. Die Darstellung spielt mit historischen Stilen, sie könnte einer kolorierten Kupferstich-Illustration des 18. Jahrhunderts entsprungen sein. Einer Ausstellung über syrische Tonspuren in Würzburg wäre es wohl möglich gewesen, den Konnex zwischen der optischen Seite ihrer Gegenstände und den Orientalismen auf den Wänden herzustellen. Die Entscheidung, dies nicht zu tun, war einer Abwägung der Aufmerksamkeitsökonomie geschuldet. Die Thematisierung der Orientalismus-Problematik hätte eine zusätzliche Ebene in eine Ausstellung eingezogen, für die diese Perspektive konzeptuell keine Rolle gespielt hat. Sie hätte von den ohnehin zeitintensiven Hörstationen abgelenkt. Es blieb bei einer einladenden Geste: Die auf den Wänden dargestellten Figuren durften mit ihren vielen Blicken in den Raum an Ausstellung und Veranstaltungsprogramm teilnehmen. Dass Bassa Selim zwischen den Stellwänden von seiner Position an der Wand auf das Instrumentarium eines klassisch-arabischen Ensembles herabschauen durfte, war ein Signal dieses einschränkenden Verhältnisses. Das Instrumenten-Ensemble warf den Blick zurück. Musikalisch fand diese doppelte Perspektive eine Parallele in einem "Rondo alla köçek", das im Konzert von Abou Fakher und Schneider-Restschikow zu hören war. Was passiert musikalisch unter der Voraussetzung hybrider Herangehensweise?