Intern
Institut für Musikforschung

American Harp Zither, Concert "Aeol", Alwin Eichler – De 38

Paul Richard Alwin Eichler (1859–1912) war ein deutscher Unternehmer. Zunächst arbeitete er als Leiter der amerikanischen Dependancen des Dresdner Münchmeyer-Verlags, der Verbrecherliteratur, Kolportageromane, Unterhaltungszeitschriften und "volksmedizinische" Literatur publizierte. Autoren waren u. a. Friedrich Axmann, Gustav Adolph Berthold, Valeska von Gallwitz, Rudolf Kürbisund Karl May. Nach seiner Tätigkeit für Münchmeyer vertrieb Eichler im Musikalienhandel um 1900 "American Harp Zithers" mit Niederlassungen in Berlin, London und New York, und gründete in Dresden einen eigenen Verlag, in dem er mit großem Erfolg 1905–1912 Groschenromane über Buffalo Bill und Nick Carter herausbrachte. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Deutschland zunehmend Aktionen gegen "Schundliteratur", womit in erster Linie Dime Novels wie diejenigen Eichlers ins Visier gerieten. Eichler, der durch riskante Spekulationen ("Dippoldiswalder Bankkrach") sein Verlagsvermögen verloren hatte, erhängte sich zu Beginn des Jahres 1912.

"Aeol"-Harfenzither von Alwin Eichler, Berlin, um 1900.
Hergestellt wurden Eichlers Instrumente in New York

Zettel: "CONCERT "AEOL" | AMERICAN HARP ZITHER | A. EICHLER | BERLIN S. | PRINZEN STRASSE 85. | NEW YORK | 33 FIRST STREET. | 40 BERNERS STREET. | PATENTED"

LBT 68,5 x 41,5 x 3,5 cm (T: nur Zarge)

30 Melodiesaiten: zweieinhalb Oktaven chromatisch g–c3, darunter auf der Decke aufgeleimt schwarz-rot gedruckter Zettel mit deutschen/englischen Tonnamen und ihnen zugeordneten Zahlen (rot indiziert die chromatischen Töne).
8 vierstimmige Akkordsaiten, im 45°-Winkel auf einer Ebene über den Melodiesaiten aufgespannt, ineinanderlaufend,
Saitenbezeichnungen sowohl deutsch wie auch englisch,
unten (von rechts nach links)
1: "C g c e"
2: "G b d f"
3: "F a c f"
4: "C g bb e"
oben (von links nach rechts)
5: "E gis h d"
6: "A e a c"
7: "D a d f"
8: "Bb bb d f"

Die Abdeckung für die Anhangstifte der Melodiesaiten fehlt.
Füßchen fehlen.
2 Risse in der Decke; 3 geleimte Risse im Boden; geleimte Ablösung des Anhangbretts der Melodiesaiten von Decke und Boden

Herkunft: Stiftung Fritz Degel (Blieskastel) 2022

Vergleichsinstrument: [MINIM] Milton Keynes Museum, UK, Inv.-Nr. BR0131(dort der Zettel "A. Eichler, Berlin | Alexandrinen-Strasse 110, | Messpalastrass | New York, 33 First St. | Deutsch Reichs Patent No. 60200, 63702 | D.R.P. 112000")

Methode: Auf der Karl-May-Wiki findet sich ein Spielanleitungsblatt mit folgendem Text (das dort abgebildete Instrument, eine einfache Akkordzither nach Art einer Harpeleik-Zither, ist kleiner und hat eine parallele Saitenbespannung auf nur einer Ebene mit Wirbeln auf der Decke):

"A. EICHLER, Berlin  S., Prinzenstr. 85. | Fabrik: New-York, 33 First-Street 
[Abbildung:] Höhe 53 cm | Breite 37 cm | "AEOL" | Amerikanische Harfen-Zither | 6 | Special-Verkaufsstellen | in Berlin. |  Eigene | Zweiggeschäfte | an | allen grösseren Plätzen | Deutschlands.
Anweisung zum einhändigen Spiel.
Das Notenblatt ist, wie ersichtlich, in separate Abtheilungen durch lange | Linien eingetheilt. Man beginne nun in der ersten Abtheilung mit Nummer 1, 2, 3 | und so fortlaufend, bis alle in der Abtheilung befindlichen Nummern gespielt sind, | alsdann fahre man fort in der zweiten Abtheilung und beginne dort wieder mit | Nummer 1 und so fort bis zum Ende.
Die vollen Accorde werden dann gespielt, wenn vor der Zahl eine Linie steht, | z. B. (––––– 2); es werden dann alle Saiten von links nach rechts vom | Anfange dieser Linie, also einschließlich der dicken Bassaite, bis zur betreffenden  | Zahl gestrichen, die durch die Zahl bezeichnete Saite bildet die Melodie.
Bei Zahlen, neben denen der Buchstabe A steht, werden gleichzeitig mit der | linken Hand die vier letzten links am Instrumente befindlichen Saiten allein gespielt. 
Schliesst die Linie mit einer Zahl mit einem Kreuz (x) links, so wird it den | über dieser Linie liegenden Saiten die links liegende ebenfalls mit einem Kreuz (x) | bezeichnete Basssaite angespielt.
Anweisung zum zweihändigen Spiel. 
Beim zweihändigen Spiel ist vor allem festzuhalten, dass die aus- | schliesslich mit der rechten, Kreuze  (x) und Striche (–––––)  ausschließlich | mit der linken Hand zu spielen sind. Soll mit beiden Händen zugleich angeschlagen | werden, also Kreuz (x) und Zahl. oder Strich (–––––)  und Zahl zusammen, so | sind dieselben durch eine punktirte Linie verbunden. Die punktirten Linien haben | aleo weiter nichts zu bedeuten, als dass sie die Zusammengehörigkeit der rechten | und linken Hand anzeigen. Steht eine Zahl allein da, wird nur die betreffende Saite | angeschlagen; dasselbe gilt von einem einzelnen Strich oder Kreuz."

Literatur: Andreas Michel: Zithern. Musikinstrumente zwischen Volkskultur und Bürgerlichkeit. Leipzig: Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig 1995, 92, 94, 157,  159. – Art. "Alwin Eichler" in der Karl-May-Wiki. – Gerhard Klußmeier: H. G. Münchmeyer in Hamburg und anderswo, in: Sonderheft der Karl-May-Gesellschaft: Neues vom Waldröschen und seinem Verleger Münchmeyer. Heft Nr. 31 (1981), 12–20.

{ow; 2025-02-25}