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Institut für Musikforschung

Leier nach Bauart der Leier von Sutton Hoo – De 545

De 545: "Sutton Hoo"-Leier, England, 2. Hälfte 20. Jh.

Die Überreste einer Leier wurden bei Ausgrabungen in Sutton Hoo in den 1930er Jahren entdeckt, in einem angesächsischen Bootsgrab aus dem 7. Jh., zunächst aber als Harfe interpretiert. Siehe die Ahorn-Überreste im British Museum (Inv.-Nr. 1939,1010.203.65). Erst der Vergleich mit späteren Funden in Nordeuropa legte die Leiernform nahe. Die Relikte haben einige Nachbauten angeregt, auch solche, die sich eher wenig um die Genauigkeit der Rekonstruktion bemühen sondern eher die serielle handwerkliche Herstellbarkeit und einen günstigen Verkauf im Blick haben. Es fehlen hier z.B. die Vogelkopfornamente auf den Jocharmen. Die Gesamtmaße sind im Vergleich zu den Relikten zu groß (Höhe, Tiefe).

LBT 83 x 22 x 3 cm
6 Saiten
Mensur 62…63 cm
Wirbel vorderständig

Provenienz: Stiftung Fritz Degel (Blieskastel)

DAI II-1-Po3-2: Zum Vergleich sei hier ein Rekonstruktionsversuch aus dem Bestand des Deutschen Archäologischen Instituts Berlin (DAI) gezeigt (Orient-Abteilung; entstanden im Kontext des European Music Archaeolgy Project EMAP: Archaeomusica – with the Support of the Culture Programme of the European Union). Das Instrument gehört zu einer Gruppe von musikarchäologischen Dauerleihgaben, die sich in der Studiensammlung Musikinstrumente & Medien befinden.

LBT 78 x 22.5…22,8 x 2,6 cm
Wirbel rückständig

Während die frühen Leiernfunde zunächst in einer kulturell zuordnenden Weise gedeutet wurden (germanisch, angelsächsisch etc.), interessiert heute eher die Frage des kulturellen Austauschs. So legen die südwestkasachischen Leiernfunde aus den 1970er Jahren ein größeres als nur ein europäisches Verbreitungsgebiet der Leiernform im frühen Mittelalter nahe (Kolltveit 2022). – Die Verbreitung von sechssaitigen Leierntypen gibt Anlass über ein spezifisch auf diese Saitenanzahl zurückgehendes hexachordales tonsystematisches Organisationsprinzip mit zwei sich zur Skala ergänzenden Dreiklängen zu spekulieren, das auf eine von der musiktheoretischen Überlieferung der Antike unabhängige Tradition hinweist (Hagel 2020).

Literatur: Stefan Hagel: The Birth of European Music from the Spirit of The Lyre, in: Gjemund Kolltveit u. Riitta Rainio (Hg.): The Archaeology of Sound , Acoustics and Music. Studies in Honour of Cajsa S. Lund, Berlin: Ekho 2020, 151-170. — Gjermund Kolltveit: The Sutton Hoo lyre and the music of the Silk Road: A new find of the fourth century AD reveals the Germanic lyre’s missing eastern connections, in: Antiquity, 96(358), 2022, 208-212.

{ow; 2023-01-07}