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Institut für Musikforschung

Armerican Harp Zither "Aeol", Alwin Eichler (Berlin), um 1900 – W 37

Griffbrettlose Zither des Verlegers und Musikalienhändlers Alwin Eichler (1859–1912), um 1900. Eichler, zunächst als Literaturagent des Münchmayer-Verlags in den USA tätig, hat die Instrumente in New York herstellen lassen und, wie der Verlagskatalog der Unterlegblätter (s.u.) besagt, v.a. deutschlandweit, aber auch in Dänemark, Schweden, den Niederlanden, Belgien, Österreich, Ungarn, der Schweiz, Italien und England verkauft. Allein in Berlin unterhielt Eichler zeitweise sechs Filialen. Die Bauform ließ Eichler durch internationale Patente schützen. Beim Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum war Eichlers Zither 1979 als Patent 15280 angemeldet (PDF); als britisches Patent war Eichlers Zither unter der Nummer am 1. November 1898 unter der Nummer 22999 anerkannt worden (vgl. Dokument bei DepatisNet (PDF). Das Deutsche Gebrauchsmuster hatte die Nummer 101 661 (siehe Zettel rechts).

Die Eichler-Zither ist auf F-Dur ausgerichtet, dem ein Subdominant-Akkord (B-Dur), ein Dominant-Akkord (C7) ein Doppeldominant-Akkord (G7) und ein zur Tonika paralleler Mollakkord (d-Moll mit A im Bass) beigeordnet sind. Der Idee nach ist die Zither eine in der Saitenanordnung umgekehrte Reduktionsform einer Harpeleik-Zither (vgl. De 275). Neben dieser Standardform hat Eichler noch eine "Concert"-Version patentieren und bauen lassen, die mit 30 chromatischen Melodiesaiten (g–c3) und acht vierstimmigen Akkorden in gekreuzter Saitenanordnung ausgestattet war (vgl. De 38). Eine zeitgleiche oder möglicherweise spätere Kopie der Eichler-Zither stellt die "Guitarr-Zither", De 305, dar, die nur sinnvoll mit den Eichlerschen Unterlegblättern spielbar ist. Der bisweilen anzutreffenden Vorstellung, dass die Zither mit ihren fünf Akkorden lediglich eine Begleitfunktion ohne Melodiespiel ermöglicht haben soll, widersprechen die Unterlegblätter. Im Gegensatz zum Menzenhauer/Schmidt-Modell ist vielmehr ein durch die Sprünge zwischen den Akkorden zwar wenig intuitives, letztlich aber reicheres Melodiespiel mit bequemer Austerzung der Melodie möglich. In vergleichbarer Weise melodisch spielen lässt sich auch die spätere "Hawaiian Tiple" von Henry C. Marx (vgl. De 34), zudem mit Slide Bar. 

Zettel (kreisförmig unter dem Schallloch): [im Rahmen]: "„AEOL” American-Harp-Zither" | [Mitte]: "New York, | Berlin, | Prinzenstraße 85. | Deutsches Reichs-Patent | 101 661."

LBT 53 x 35,5 x 3,7 cm (T = Zargen)
T (mit Abdeckung des Saitenanhangs) 5,6 cm 

43 Saiten in 5 Akkorden (von rechts nach links): F-Dur, C7, B-Dur, G7, d-Moll-Sextakkord
Basssaiten
Stahlsaiten, Basssaiten umsponnen mit Kupfer, jeweils erste Saite über der ersten Basssaite aus Kupfer
F-Dur (10 Saiten)
Mensur: 17,5…43,0 cm
C-Dur mit erniedrigter Septime (11 Saiten; Septakkord zu F-Dur)
Mensur: 20,0…43,0 cm
B-Dur (9 Saiten)
Mensur: 17,3…43,0 cm
G-Dur (9 Saiten) mit erniedrigter Septime (11 Saiten; Septakkord zu F-Dur)
Mensur: 17,6…43,3 cm
d-Moll (4 Saiten, mit A im Bass)
Mensur: 42,0…39,7 cm

Schäden: der  (verdeckte) Anhangstock aus Ahorn ist entlang der Maserung vielfach aufgerissen. 

Zubehör:

W 37aCase (Schutzkasten) aus Fichtenholz (original)

W 37b: Stimmschlüssel (original)

W 37c: Zither-Spielring

W 37d: Spielanweisung, beschädigt [PDF]

W 37e: Katalog für Unterlegblätter zur "Aeol"-Harfenzither des Verlags von Alwin Eichler, der 1611 Titel enthält. [PDF]. Das Verzeichnis gibt, wohl für die Notierungsform als Patenthalter den Klingenthaler Instrumentenbauer Theodor Meinhold an, der das System und die Notation der Unterlegblätter erfunden hatte. Die Unterlegblätter für Eichlers "Aeol" unterscheiden sich jedoch wesentlich von den üblichen Unterlegblättern für Instrumente von Menzenhauer und Oscar Schmidt (vgl. Material zur Zither StW 18). Während diese die Melodie linear mit Rhythmen und zu wählenden Begleitakkorden angeben, gibt die Notation der Eichlerschen Unterlegblätter gemäß der Saitenaufteilung, die lediglich fünf Akkorde kennt und keinen eigenen Melodiebereich aufweist, Reihenfolgen ohne Rhythmus an, der aus dem Liedtext zu erschließen ist bzw. schlicht bekannt war. Angegeben ist zudem mit "x", welche Basssaite zu zupfen ist, und mit einem horizontalen Strich, welche Akkordsaiten begleiten sollen. 

W37f: 27 Unterlegblätter für "Aeol"-Harfenzither aus dem Verlag Alwin Eichlers mit 24 Liedern bzw. Stücken. [PDF]
   Nr. 1: In einem kühlen Grunde
   Nr. 2: Sah ein Knab’ ein Röslein steh’n
   Nr. 4: Ich hab’ mich ergeben
      [Rückseite handschriftlich:] Es ist ein Ros entsprungen
   Nr. 5: Muss i denn
   Nr. 6: Stimmt an mit hellem, hohen Klang
   Nr. 7: Steh’ ich in finstrer Mitternacht
   Nr. 8: Zu Strassburg auf der Schanz’
      [Rückseite handschriftlich:] Lobt Gott ihr Christen, alle gleich
   Nr. 13: Grosser Gott, wir loben Dich
   Nr. 14: Morgenrot
   Nr. 16: Wenn ich den Wanderer frage
   Nr. 40: Nun ade, du mein lieb’ Vaterland
   Nr. 55: Es zogen drei Bursche wohl über den Rhein
   Nr. 62: Heimliche LIebe. | Gavotte von Johann Resch
   Nr. 72: Ein Sohn des Volkes will ich sein und bleiben. | Von Heinrich Pfeil
   Nr. 86: "My Queen". (Meine Königin.) Walzer.
   Nr. 87: "Ach! Einmal im Jahr blüht der Mai. Von Wilhelm Heiser [nur Teil II]
   Nr. 90: Humoristischer Walzer. "Nach Hause geh’n wir nicht"
   Nr. 91: Sommer-Abendlied. Fritz von Ludwig
   Nr. 99: An der schönen blauen Donau. Walzer von Johann Strauss [3 Teile]
   Nr. 101: Gebet aus den grossen Zapfenstreich. (Der grosse Herrscher aller Welten)
   Nr. 104: Der Findling. Lied von Leopold Strassmann [2 Teile]
   Nr. 163: Der Mai ist gekommen!
   Nr. 223: La Paloma (Die weisse Taube.) [Teil 1, Teil 2 fehlt]
      [Rückseite handschriftlich:] Stille Nacht, heilige Nacht
   Nr. 327: Bergmannsleben
      [Fortsetzung des Liedes auf der Rückseite von Nr. 223]

W 37g: Zusatzmaterial zur Datierung eines Vorbesitzers (ein Schulkind im Jahr 1948, das die Zither möglicherweise von einem Elternteil oder Großelternübernommen hat):
Hausaufgabenzettel auf kariertem Papier mit Multiplikationsaufgaben, datiert auf den 7.5.1948; 
Handschriftliches Blatt mit Stücktiteln, zu denen keine Unterlegblätter beiliegen (Katalog-Nummern in eckigen Klammern ergänzt):
   "Edelweis. [Nr. 17]
   Aennchen von Tharau. [Nr. 26]
   Wenn die Schwalben heinwärts ziehn. [Nr. 33]
  Jetzt gang ich ans Brünnale. [Nr. 28]
   Hoch von Dachstein an. [Nr. 44]
   Loreley. [Nr. 45]
   Im Wald und auf der Heide. [Nr. 51]
   Die kleine Fischerin. [Nr. 74 I–IV]
   Die Lore am Tore. [Nr. 85]
   Herzliebchen mein unterm Rebendach. [Nr. 124]
   Kommt a Vogerl geflogen. [Nr. 189] | (Rückseite)
   Bergmannslied Glück auf Glück auf. [Nr. 326]
    "  [Bergmannslied:] Der Bergmann dringt ins dunkle Tief der Erde. [Nr. 327]
    "  [Bergmannslied:] Schon wieder tönt vom Schachte her." [Nr. 328]
Zeitungsseiten (ein Informationsblatt zur "ERP Trizone" [European Recovery Program; bekannt als "Marshallplan"]; zwei Magazinseiten gemischten Inhalts);
zweimal "Kirchliche Mitteilungen für die katholische Stadtpfarrgemeinde Ludwigsburg, Nr. 49, vom 12. Dezember 1948);

Vgl. auch die Stimmpfeife zur American Harp Zither "Aeol" W 38

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Literatur: Andreas Michel: Zithern. Musikinstrumente zwischen Volkskultur und Bürgerlichkeit. Katalog. Leipzig: Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig 1995, 92-97. – Andreas Michel: Changes in Central European Concepts of Folk Musical Instruments: Industrially Produced Zithers Without Fingerboards, in: The World of Music 39/3 (1997), 71-90.

{ow; 2025-09-05}