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Institut für Musikforschung

Japanische Langhalslauten: Vier Shamisen - G 19 bis G 22

 

Das Shamisen (jap. 三味線), zu den traditionellen Musikinstrumenten Japans gehörig, ist eine bundlose dreisaitige Langhalslaute mit kleinem, membranüberzogenen, fast quadratischen Körper (ca. 20 cm Länge, 10 cm Tiefe), die mit einem großen Plektrum (bachi; Elfenbein, Schildbaum, Buchs etc.) geschlagen wird. Die Vorform ist wie bei allen traditionellen japanischen Instrumenten chinesisch. Das Sanxian ("drei Saiten") stand zur Ming-Zeit (1368–1644) musikalisch im Zentrum der chinesischen Theatermusik.

Die prätentiöse Bedeutung des Namens Shamisen ist "drei geschmackvolle Linien (Saiten)", die auf seine Herkunft als Instrument der eleganten urbanen Unterhaltungskünstlerin (Geisha) und der professionellen Musiker im Kabuki- und Bunraku-Theater verweist. Daneben fand es weite Verbeitung in der Volksmusik. Nach seiner raschen Einführung und Standardisierung im Japen am Ende des 16. Jahrhunderts avancierte es zum zentralen Instrument der Edo-Zeit (1603–1868). Die früheste Importform auf Ryûkyû wurde Shamushen genannt, hatte einen fast runden Körper mit einer Resonanzdecke aus Pythonhaut. Schlangenhaut war in der Gegend um Osaka/Kyoto, wo das Instrument dan reüssierte, nicht erhältlich, weshalb man zu einer Bespannung mit Katzenhaut (auch Hundehaut) überging.

Der stark standardisierte Resonanzkörper wird meist aus Maulbeerbaum oder Quitte gefertigt. An einer Außenseite bietet ein Stoffstück (dôkake) dem Unterarm des Spielers eine rutschfeste Stütze. Das Griffbrett (sao, meist Sandelholz oder Eiche), auf der Oberseite flach, unten rund, ist ca. 60 cm lang, bei manchen Instrumenten aus einem Stück, bei anderen (transportfreundlich) zusammengesetzt. Zum Resonanzkörper hin biegt sich das Griffbrett abwärts (hatomune, "Taubenbrust"). Das Griffbrett läuft als Spieß weiter durch den Resonanzkörper und tritt unten als Saitenbefestigung wieder aus. Am oberen Ende des Griffbretts befindet sich der Wirbelkasten und ein dekorativ gestalteter, nach hinten gebogen sich verbreiternder Abschluss (ebio, "Krebsschwanz"). Der Steg (koma)ist auf der übertragenden Membran minutiös mobil setzbar und je nach zu wählender Klangcharakteristik austauschbar. 

Die tiefste Saite verläuft am oberen Ende des Griffbretts zum Wirbelkasten über eine minimale Vertiefung (sawari no tani), die bei leere Schwingung Interferenzen bzw. einen näselnden Schnarreffekt (Sawari) erzeugt. Die beiden höreren Saiten laufen über einen Metallstift (kamigoma), der interferenzarme Schwingungen garantiert und bei einfachen Intervallverhältnissen mit der Grundsaite zusätzlich einen Schnarreffekt provoziert. Der Sawari-Effekt, bei anderen asiatischen und orientalischen Instrumenten verbreitet, wird nirgends so selektiv eingesetzt wie beim Shamisen. 

Die Studiensammlung Musikinstrumente & Medien führt vier dieser Instrumente aus der Stiftung von Prof. Dr. Robert Günther. Zwei der Instrumente sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt {2014-04-07} spielbar, zwei weisen ab Stiftung harte Defekte auf (Riss der Membrane und des Wirbelkastens). Das erste (G 19), mit Goldauftrag auf dem Resonanzkörper, stammt vom Ende des 18./Beginn des 19. Jahrhunderts.

Literatur:
Silvain Guignard: Art. Shamisen, in: MGG2, Sachteil, Bd. 8 Kassel etc. und Stuttgart 1998, Sp. 1367–1374.

G 19

Hals aus einem Stück. Reiche Gold-Ornamentik auf Halsabschlußstück und Resonanzkörperseiten.
Maximale Länge gesamt 94 cm.
Länge Griffbrett 72,5 cm. Griffbrettbreite 1,9 (oben) bis 2,3 cm.
Resonanzkörper: Breite 20 cm, Höhe 21,5 cm, Tiefe 9 cm.

G 20

Hals (an zwei Stellen) zusammengesetzt.
Frontmembran links (zum Boden weisende Seite) gerissen, geklebt und mit blau-Weißem Musterstoff kaschiert.
Maximale Länge gesamt 94 cm.
Länge Hals 73 cm; Griffbrettbreite 2,4 (oben) bis 2,5 cm.
Resonanzkörper: Breite 19,5 cm, Höhe 21 cm, Tiefe 9 cm.

G 21

Hals (an zwei Stellen) zusammengesetzt.
Rückmembran links und unten gerissen. Wirbelkasten links gebrochen (Bruch durchgängig über unterstem Wirbelloch vorbei und durch mittleres und oberes Wirbelloch verlaufend), mittlerer Wirbel fehlt.
Maximale Länge gesamt 95,5 cm.
Länge Hals 74,5 cm; Griffbrettbreite 2,3 cm.
Resonanzkörper: Breite 19,5 cm, Höhe 21,5 cm, Tiefe 9 cm.

G 22

Hals (an zwei Stellen) zusammengesetzt.
Frontmembran links und unten gerissen.
Maximale Länge gesamt 94 cm.
Länge Hals 74,5 cm. Griffbrettbreite 2,6 (oben) bis 2,8 cm.
Resonanzkörper: Breite 21 cm, Höhe 23 cm, Tiefe 10 cm.

Zubehör: 4 Plektren; 3 Stege; Saitensätze; Abschluss-Schutzstücke für Halsteile

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